300 Millionen (in Wahrheit noch viel mehr) verschwundene Bücher: Die aktuelle Lesestudie der Stiftung Lesen

6 Prozent der Menschen in Deutschland haben mehr als 250 Bücher im Haushalt. Das hat die aktuelle Studie »Lesen in Deutschland 2008« der Stiftung Lesen unter anderem herausgefunden. Im Jahr 2000 waren es noch 9 Prozent. Bei ca. 39 Millionen Haushalten in Deutschland (Stand 2005) sind das ca. 2,3 Millionen Haushalte mit mehr als 250 Büchern, ca. 1,17 Millionen Haushalte weniger als 2000.

Wo sind diese 1,17 Millionen Haushalte geblieben? Wo sind die Bücher geblieben? Rechne ich nur mit 250 Büchern pro Haushalt, handelt es ich hier immerhin um 292 500 000 Bücher. – Leider gibt die Studie darüber keine Auskunft: Es wurde nur der Ist-Stand erhoben, dieser mit früheren Ergebnissen verglichen. Erklärungen für ein so überraschendes Ergebnis habe ich nicht gefunden. (Vgl. S. 27 der Studie)

Mindestens 300 Millionen Bücher, die in dieser Studie nicht mehr auftauchen! – Mindestens, weil ich mit 250 Büchern gerechnet habe, die Frage aber lautete, wer mindestens 250 Bücher im Haushalt hat. Und es gibt Haushalte mit deutlich mehr als 250 Büchern – ganz sicher bin ich da nicht der einzige.

Mindestens 300 Millionen Bücher werden also gesucht. Wo sind sie? Was lese ich an der Statistik falsch, dass ich zu solchen Fragen komme?

Darüber hinaus ist der Rest der Studie, die vor allem in Form von Schaubildern, ebenfalls ohne nähere Erläuterungen, daherkommt, durchaus ein interessantes Zahlenwerk, dessen Gestaltung sehr an die Gestaltung von digital erstellten Präsentationsfolien erinnert: Knappe Informationen, wenige Hintergründe oder deutende Analysen. Statt dessen Listen mit sprachlich unverbundenen »Schlag-Sätzen«, bestens geeignet für die schnelle Erfassung der Ergebnisse.

Am interessantesten aber ist die Schlussfolgerung, die fett gedruckt ganz am Ende der Studie (S. 72) steht:

Es ist die zentrale wirtschafts-und
gesellschaftspolitische Aufgabe, Deutschland
weiterhin zukunftsfähig zu halten: Auf der Basis
einer lebendigen Lesekultur.

Das ist wahrlich ein erschütterndes Ergebnis…