iPad-Praxis-Test: An einer Tagung teilnehmen…

Nach ein paar Wochen des Vertrautwerdens mit dem iPad habe ich mich nun gewagt, papierfrei zu einer Tagung zu fahren. Eineinhalb Tage um meine Anforderungen an ein Arbeitsgerät in der Praxis zu erkunden.

1. Packen

Normalerweise ist die Tasche immer größer, als angesichts der Länge von Fortbildungen angemessen erscheint. Neben ein wenig Kleidung, Toilettenartikeln, einem Collegeblock bzw. einem Notizbuch für handschriftliche Notizen und Schreibgeräten, wurde bislang noch ein Laptop inklusive Netzgerät und UMTS-Stick eingepackt. Jedes Mal, wenn ich dann die Tasche anhob, war ich erstaunt, dass sie so schwer ist. Die 2,3 Kilogramm des Laptops sind nicht ohne, obwohl es doch für den mobilen Einsatz gedacht ist.

Dieses Mal nahm ich meinen handlichen Fjallraven-Kanken-Rucksack, packte die für zwei Tage notwendigen Kleinigkeiten ein, verzichtete aber auf den Collegeblock bzw. das Notizbuch für handschriftliche Notizen, und steckte dann noch das iPad und das zugehörige Netzteil ein. Mit Laptop und Collegblock wäre der Rucksack zu klein gewesen, hätte ich wieder einmal auf eine größere Tasche ausweichen und mehr Gewicht transportieren müssen. – Gut gelaunt zog ich los, gespannt, ob meine Überlegungen zum Einsatz des iPads im Rahmen einer Tagung, bei der ich Teilnehmer war, in der Praxis umsetzbar sein würden oder ob es stimmt, dass das iPad wirklich vor allem ein Gerät zum Konsumieren multimedialer Inhalte ist.

2. Das iPad als Collegeblock

Normalerweise mache ich mir auf Tagungen handschriftliche Notizen. Ich mag es nicht, wenn da alle hinter den Bildschirmen ihrer Laptops verschwinden, wenn zwischen Diskutierenden diese künstliche Barriere errichtet ist. Das ist ein Grund für den bislang eher sparsamen Einsatz des Laptops, wenn ich als Tagungsteilnehmer unterwegs war.

Davon abgesehen schreibe ich gerne per Hand, weil ich dann schnell zwischen Fließtext, kleinen Grafiken und dem Erstellen einer MindMap hin und her springen kann. Auf dem Laptop kann ich zwar schnell tippen, aber bei Grafiken und Mindmaps ist der Aufwand des Erstellens für den Livebetrieb auf einer Tagung zu groß. Also kam der Collegeblock zum Einsatz – bis jetzt.

Gemäß der Versprechungen, dass es für so ziemlich alles, was man mit dem iPad machen will, eine App gebe, fragte ich mich vor ein paar Tagen, ob es 1. Apps gäbe, mit denen handschriftliche Notizen auf dem iPad möglich sind und 2. ob es Eingabestifte für das iPad gibt, konnte ich mir doch nicht vorstellen, mit dem Finger auf dem Bildschirm zu schreiben. – Beide Fragen wurden innerhalb kürzester Zeit mit »Ja« beantwortet.

Nein, ich suchte keine App, die Handschriftenerkennung in dem Sinne beherrscht, dass ich per Hand auf dem Bildschirm schreibe und dies dann in Druckbuchstaben übersetzt wird, sondern eine, die möglichst einem ganz simplen, analogen Collegeblock bzw. einem Notizbuch entspricht. Darüber hinaus wollte ich die Möglichkeit haben, die erstellen Notizen auf das Laptop zu übertragen und auch zu drucken, um so meine handschriftlichen Notizen auch als Hardcopy verfügbar zu haben.

Ich habe mich für Penultimate entschieden. Dieses Programm kann eigentlich nichts anderes (das aber sehr gut), als das Erstellen unterschiedlicher Notizbücher zu ermöglichen, in die handschriftlich Eintragungen vorgenommen werden. Das Programm unterstützt unterschiedliche Strichstärken (dünn, mittel, fett) und sechs unterschiedliche Strichfarben (Schwarz, Anthrazit, Grau, Blau, Grün, Rot). Außerdem kann man eine »Wrist-Potection« aktivieren, sodass wirklich vor allem der Strich des Stiftes auf dem Bildschirm erscheint. Das funktioniert nicht 100%ig, aber doch sehr zufriedenstellend, denn man kann mit der Radiererfunktion die paar Flecken, die durch die auf den Bildschirm aufgelegte Hand entstehen, schnell entfernen. Das habe ich nicht als störend erlebt.

Brauchte ich nur noch einen Stift, der für den Bildschirm geeignet ist, denn »normale« Touchscreen-Stifte funktionieren hier nicht. Ich brauchte einen Stift, der auf Bildschirmen funktioniert, wie er in dem iPad verarbeitet ist. Eine Auswahl dieser Stifte findet sich einfach via Suchmaschine. – Und nachdem ich mich ein wenig an das etwas andere Schreibgefühl gewöhnt hatte, war ich guter Dinge, dass ich einen Ersatz für den Collegeblock  haben würde. Aber bevor ich weiter erzähle, hier ein Video, das eine kleine Vorstellung gibt, wie meine Werkzeuge in der Praxis aussehen. Penultimate wird in dem Video noch in einer älteren Version gezeigt, aber das Grundprinzip ist erkennbar:

Meine Erfahrung: Ja, es funktioniert. Die Handschrift wird nicht ganz so exakt dargestellt, wie mit Füller oder Kugelschreiber, aber ich habe meine Handschrift durchaus wiedererkannt.

Das iPad lag also flach auf dem Tisch, diente mit als Collegeblock, ließ mich mitschreiben, Skizzen anfertigen, MindMaps in einem Zusammenhang erstellen, ohne dass ich auf einen Block hätte zurückgreifen oder zwischen Programmen hin und her springen müssen. So wollte ich es und so hat es funktioniert.

Aber hätte es ein College-Block nicht genau so getan? Ja, hätte er. An diesem Punkt ging es mir vor allem um Gepäckreduktion (siehe oben), denn normalerweise habe ich einen Laptop und den Collegeblock dabei.
Außerdem habe ich eine Funktion bei dieser Tagung nicht genutzt, die mir der Collegeblock nicht bietet: Das iPad kann über einen Adapter an den VGA-Anschluss eines Beamers angeschlossen werden und Penultimate unterstützt die Ausgabe via Beamer, sodass z. B. Skizzen (im Unterricht Tafelbilder, die im Gespräch entstehen und nicht z. B. in einer Präsentationssoftware vorbereitet werden können) per Hand erstellt werden können, die anschließend in digitaler Form verfügbar sind. Kurz: Wenn kein interaktives Whiteboard (teuer!) vorhanden ist, kann die Kombination aus iPad und Beamer (in den meisten Tagungshäusern und mittlerweile auch in immer größerem Maße in Schulen vorhanden), ein solches interaktives Whiteboard zumindest in einem gewissen Rahmen ersetzen.

Das so entstandene Notizbuch habe ich mir als PDF zugemailt, in iBooks abgelegt und somit auf dem Rechner, dem iPad und wenn ich es will auch in gedruckter Version verfügbar. Außerdem können solche Notizen natürlich auch an andere Teilnehmer einer Tagung als PDF verschickt werden und sind dann in jedem PDF-Leseprogramm lesbar.

3. »Live«-Protokoll

In Arbeitsgruppen geht es oft weniger um Mitschriften, sondern mehr um das Protokollieren der Ergebnisse. Hier kam bislang das Laptop zum Einsatz. Dieses Mal habe ich mit einem Notizprogramm auf dem iPad die Ergebnisse einfach mitgetippt. Da ich das Gerät in einer Hülle habe, die es erlaubt, den Computer im Querformat schräg vor mir liegen zu haben, erlebe ich die Tastatur als komfortabler, als ich das erwartet hätte. Mit dem flach auf dem Tisch liegenden iPad wäre diese Form des Arbeitens nicht komfortabel. Wer also auf dem iPad tippen will, sollte über eine solche iPad-Tasche nachdenken, die es von unterschiedlichsten Herstellern gibt.

War es bislang so, dass jemand in einer Sitzung mitschrieb (meist per Hand) und sich dann noch einmal hinsetzte, um das Protokoll auf dem Rechner zu erstellen und dann ein paar Tage später zu verschicken, war das Protokoll dieses Mal mit dem Abschluss der Sitzung auf den Rechnern der Teilnehmenden verfügbar. Sie hatten diese zwar nicht dabei, aber die Arbeit des Erstellens eines Ergebnisprotokolls entfiel.

Ja, es ist ein Nachteil, wenn man der einzige ist, der mittippt, könnte so doch der Eindruck entstehen, dass da nun endlich ein Dauerprotokollant gefunden sein könnte. Das stört mich solange nicht, wie nicht erwartet wird, dass ich meine Mitschrift noch schön formatiere und überarbeite etc. Sollte eine solche Bearbeitung gewünscht sein, lasse ich meine Notizen dann dem offiziellen Protokollanten aber gern zukommen.

Die Reaktion der Teilnehmenden in der Arbeitsgruppe auf das Mitschreiben und das direkt Zur-Verfügung-Stellen waren sehr positiv.

4. Das Strom-Problem

Der erste Tag der Fortbildung war lang. Mit meinem Laptop suchte ich bislang immer zuerst nach einer Steckdose, um dafür zu sorgen, dass es solch einen Tagungstag von 9–20 Uhr auch durchhält.

Erstaunt stellte ich fest, dass das iPad, mit relativ abgedunkeltem, für mich aber bequem bedienbarem Bildschirm, zur Mittagspause keine 10% des verfügbaren Batteriestroms verbraucht hatte, obwohl ich doch einiges mitschrieb. Den Bildschirm ließ ich sich nach zwei Minuten verdunkeln, den Passcode-Schutz hatte ich vorübergehend auf 15 Minuten gestellt, dass ich nicht jedes Mal, wenn ich die Notizen ergänzte, erst einmal diesen Code eingeben musste.

5. Fazit

Das iPad hat sich für mich und im Rahmen meiner Anforderungen als Arbeitsinstrument eines Tagungsteilnehmers bewährt. Die für mich wichtigsten Punkte:

  1. Mir gefällt, dass kein aufgeklappter Bildschirm als Barriere zwischen mir und anderen steht.
  2. Mit der App PenUltimate und einem entsprechenden Stift kann das iPad den Collegeblock locker ersetzen. Der Mehrwert besteht in der digitalen Verfügbarkeit der Notizen als PDF, die dann ins iBooks-Archiv wandern können, auf nahezu jedem E-Reader und selbstverständlich auf jedem Rechner mit PDF-Leseprogramm gelesen werden können. Eine Hardcopy kann problemlos ausgedruckt werden.
  3. Direkte Mitschriften in Arbeitsgruppen, die im Anschluss als E-Mail allen Teilnehmenden verfügbar gemacht werden können, empfinde ich hilfreich. Wenn der Einsatz von Rechnern mit (mobilem) Netzzugang in Lehrerkreisen selbstverständlicher geworden sein wird, die Datei also wirklich live und nicht nur zeitnah nach Rückkehr von der Tagung allen verfügbar ist, wäre so z. B. auch der direkte Austausch von Ergebnissen unterschiedlicher Arbeitsgruppen möglich, sodass im Plenum möglicherweise gar nicht mehr die Ergebnisse vorgestellt werden müssen, da sie vorher gelesen wurden. Es bliebe mehr Zeit für den Austausch über die Ergebnisse. – Aber das ist noch ein wenig Zukunftsmusik.
  4. Ich brauche nur ein Gerät, das den Laptop, den Collegeblock bzw. das Notizbuch ersetzt und das Gepäck entlastet.
  5. Die Batterielaufzeit des iPad ermöglicht es, auch bei langen Tagungen ohne Anschluss an eine Steckdose zu arbeiten, was vor allem dann interessant ist, wenn viele Leute digitale Endgeräte bei einer Tagung nutzen und die vielen Kabel auf dem Boden eher störend sind, ganz zu schweigen davon, dass kaum ein Tagungsraum dann noch genügend Steckdosen hätte.

Als Gerät zum Konsum von Inhalten des Internets, von YouTube-Videos, von Spielen etc. auf den Markt gebracht, hat das iPad im Rahmen meines Arbeitsstils das Potential, zu einem echten Arbeitsgerät zu werden, zu einem Gerät, mit dem ich eben nicht konsumiere, sondern produktiv bin, mit dem ich arbeiten kann und arbeite. Das hatte ich mir beim Kauf vor ein paar Wochen erhofft. Dass diese Hoffnung bis jetzt nicht nur erfüllt wurde, sondern dieses Arbeiten mir richtig Spaß macht, hatte ich in diesem Ausmaß nicht erwartet.

6. Ausblick

Bewusst habe ich das iPad als Tagungsteilnehmer eingesetzt, um in einem relativ geschützten Raum einen Eindruck davon zu gewinnen, ob es auch für mich als Referenten gegebenenfalls einsetzbar ist. Entsprechend habe ich die Koppelung an den Beamer noch nicht getestet. Das steht so bald wie möglich an.

Erste Erfahrungen mit dem Einsatz als Unterstützung bei der Planung und Durchführung von Unterricht habe ich auch schon gemacht, will da aber noch ein wenig warten und unterschiedliche Szenarien ausprobieren, bevor ich mich zu den Erfahrungen mit dem iPad als Arbeitsinstrument im Lehrerberuf äußere. Aber auch hier zeichnet sich ein bislang sehr positives Bild ab.