Kategorie: Schmöker-Schnipsel

Schmöker-Schnipsel: Thomas Müntzer und die Bauernkriege – auf 64 Seiten

Éric Vuillard schreibt keine dicken historischen Schmöker, er erzählt in seinen kaum mal mehr als 150 Seiten umfassenden Werken mit passgenauen Sätzen Geschichte. Dieses Mal braucht er »nur« 64 Seiten, um in »Der Krieg der Armen« die Geschichte Thomas Müntzers und der Bauernkriege im Kontext bis zurück zu John Wyclif zu erzählen. Ein monumentales kleines Buch, dem man die marxistische Perspektive anmerkt, die Vuillard in seiner Darstellung Müntzers aufgreift. – Müntzer wird als glaubwürdige Person gezeigt, ohne dass einem die Herausforderung abgenommen wird, sich selbst zu fragen, ob man Müntzer deshalb auch schon für sympathisch hält. Das war er vermutlich

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Schmöker-Schnipsel: Vom Auswendiglernen

Irgendwo in Frankfurt hängen sie noch, jene Aufkleber, die zum letzten „Bildungsstreik“ in Frankfurt aufriefen. Dort steht: „Heute schon auswendig gelernt?“ Damit soll natürlich gesagt werden, dass Bildung, die in Auswendiglernen bestehe, keine gute Bildung sein könne. Und entsprechend müssten wir die gebildetsten Jugendlichen seit Menschengedenken auf ihren Lebensweg lassen. Und dann kommt Daniel Pennac und schreibt in „Schulkummer“ „Beim Auswendiglernen ersetze ich nichts, sondern füge allem etwas hinzu.“ Pennac singt ein Loblied des (richtigen) Auswendiglernens von Texten – und eben nicht nur oder vor allem Gedichten! Da stehen kurze Sentenzen von Woody Allen ebenso auf dem Programm, wie philosophische

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Schmöker-Schnipsel: Die hart bloggenden Wissenschaftler

Im Internet bin ich auf das Manifest der »hard bloggin’ scientists« gestoßen. Ich kann nicht anders, weil ich es einen guten Ansatz finde, es muss hier zitiert werden! I am a hard bloggin’ scientist. This means in particular: 1. I believe that science is about freedom of speech. 2. I can identify myself with the science I do. 3. I am able to communicate my thoughts and ideas to the public. 4. I use a blog as a research tool. That means in particular, that I – express my thoughts, – get in contact with others, – have a sketch

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Schmöker-Schnipsel: Über das Lesen

Das Lesen ist nach wie vor eines meiner wichtigsten Themen. Und an einem unerwarteten Ort, stieß ich nun auf ein Zitat von Goethe, dass mir sehr treffend scheint und deshalb hier seinen Platz finden soll: »Es gibt dreierlei Arten Leser: Eine, die ohne Urteil genießt, eine dritte, die ohne zu genießen urteilt, die mittlere, die geniessend urteilt und urteilend genießt; diese reproduziert eigentlich ein Kunstwerk aufs neue.« J.W. von Goethe

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Schmöker-Schnipsel: Die Dinge der Literatur

Immer wenn Buchmesse in Frankfurt ist, schwebt angesichts der Masse an literarischen Werken und Autorenauftritten, die in diesen fünf Oktobertagen die Stimmung in der Stadt prägen, für mich die Frage im Raum, was Literatur denn nun eigentlich sei. Eine Antwort fand ich beim Schmökern in Raymond Carvers Erhählungenband »Würdest du bitte endlich still sein, bitte« (Berlin 2001, amerikanische Originalausgabe 1976). Richard Ford schreibt dort im Vorwort (Der gute alte Raymond – S. 9–40): »Auf die eine oder andere Art geht es in Literatur natürlich immer um diese einfachen Dinge: mit den Folgen zurechtkommen zu müssen, wenn die Vergangenheit sich in

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Schmöker-Schnipsel: Bundeskanzlerin Merkel zur Lage der Finanzmärkte

Es ist nur ein Satz, der mir beim Lesen der Regierungserklärung zur Finanzmarktkrise vom gestrigen Dienstag so richtig ins Augen gesprungen ist, ein Satz, in dem Merkel das Problem dieser Tage zusammenfasst: »Es geht um nicht mehr und nicht weniger als um das Vertrauen in unsere Wirtschafts- und Gesellschaftsordnung« Bundeskanzlerin | Regierungserklärung von Bundeskanzlerin Merkel zur Lage der Finanzmärkte. Und kurz danach stieß ich in der Sueddeutschen Zeitung auf eine Äußerung Papst Benedikt XVI., in der er das Problem dieser Gesellschaftsordnung, in der Finanzmärkte eine nicht ganz unbedeutende Rolle spielen, aus christlicher Perspektive formuliert: »›Wer nur auf die sichtbaren und

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Schmöker-Schnipsel: Helmut Schmidt

Schmökerschnipsel können überall herkommen. Dieses Mal ist es eine durchhaus bemerkenswerte Äußerung des Ex-Bundeskanzlers Helmut Schmidt: »Vor ein paar Tagen erhielten meine Frau und ich den Brief einer Bundesbehörde; darin stand, ich hätte in Zukunft eine Steuernummer, eine lange Zahl, und ich solle den Brief sorgfältig aufbewahren, die Nummer gelte für mein ganzes Leben. Ich habe mich gefragt, wo ich die denn aufbewahren soll. Gedacht habe ich: Rutsch mir doch den Buckel runter« Überwachung: Helmut Schmidt fürchtet, abgehört zu werden | Nachrichten auf ZEIT ONLINE. Zum Thema fand ich gerade noch einen Beitrag im lawblog, der das Thema »Überwachung« noch

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Schmöker-Schnipsel – Nudin der Wissbegierige oder: Die Langeweile des »Allwissens«

Markus Heitz lässt in seinem Fantasyroman »Die Zwerge« ((Markus Heitz, Die Zwerge, München/Zürich 2008 [8. Auflage])) sechs Magier auftreten, die alle mit einer Charaktereigenschaft näher bezeichnet werden: Lot-Ionan der Geduldige, Maira die Hüterin, Andôkai die Stürmische, Turgur der Schöne, Sabora die Schweigsame – und Nudin der Wissbegierige. Nudin der Wissbegierige bekommt im Laufe der Geschichte die Möglichkeit, Nudin der Allwissende zu werden: Er weiß alles, seine Neugier ist in jeder Hinsicht befriedigt, ohne dass er große Anstrengungen unternehmen müsste: Nudin muss nicht mehr forschen, lesen, reisen oder experimentieren. Aber ist Nudin jetzt glücklich?

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