Herrn Larbigs Bibliothek 6 – Simon Beckett: Leichenblässe
Simon Becketts dritter Roman mit dem forensischen Anthropologen David Hunter spielt auf der sog. Body-Farm, einem Institut, das die Erforschung menschlicher Zerfallsprozesse nach dem Tod in unterschiedlichsten Situationen zum Ziel hat. Nach „Die Chemie des Todes“ und „Kalte Asche“ nun also „Leichenblässe“.
Der Titel beschreibt gut, was dem Leser bei diesem Buch passieren kann: Er kann leichenblass werden, angesichts der Ansammlung von Leichen und der mit sehr gewöhnlichen Methoden erzählten Geschichte, die einem geübten Krimileser schnell die Lust nehmen kann, das Buch überhaupt weiter zu lesen. Mir war spätestens nach der Hälfte des Buchs klar, wer der Täter ist. All die penetranten Ablenkungsversuche, die soweit gehen, dass dann plötzlich der Name des potentiellen Täters gefühlt auf jeder Seite bis zur Unerträglichkeit wiederholt wird, wurden für mich dann bald so nervig, dass ich dieses Buch schnell fertig las, hätte es doch sonst eher das Schicksal einer abgebrochenen Lektüre ereilt.
Zugegeben, die Idee, einen Roman um einen Forensiker zu schreiben ist durchaus interessant, auch wenn man sich in der Krimilandschaft vor Gerichtsmedizinern mittlerweile ja kaum noch zu retten vermag. Zudem scheinen Becketts Romane in Sachen Forensik richtig gut recheriert, soweit ich als Nichtforensiker zumindest meinem Eindruck folge. Und trotz der Durschaubarkeit vor allem dieses dritten Bandes der Reihe um dem „Jäger“ David Hunter – der Name als sprechender Name ist, naja, vielleicht ein wenig platt, aber was können Figuren in Romanen schon für ihre Namen – ist er dennoch vom Thema her durchaus „interessant“, so wenig ich die Umsetzung in literarischer Form gelungen finde.
Dennoch ist Simon Beckett unter die Bestseller-Autoren gekommen. Warum, weiß eigentlich niemand so genau, aber die Frage nach den Gründen, warum ein Autor in die Bestseller-Listen kommt, stelle ich mir spätestens seit Dan Browns fulminantem Erfolg kaum noch, schreibt doch auch er nicht gerade innovative Romane, sondern vor allem solche, denen ich anzumerken scheine, dass sich Brown intensiv mit den Regelwerken des Creative-Writings für Thriller befasst hat.
Warum aber lesen wir dann noch Krimis, wenn die meisten doch sowieso bieder, meist äußerst konservativ erzählt und platt sind? Statt eigener Vermutungen gebe ich diese Frage einfach mal in die Runde und freue mich auf Antworten als Kommentare zu diesem Beitrag.
Simon Beckett, Leichenblässe, Hamburg (Rowohlt / Wunderlich) 2009, 415 Seiten (19,90 €)
Ich lese am liebsten Skandinavische Krimis. Ich begebe mich in eine andere Welt und entlaste meinen Kopf von der Beschäftigung mit meiner eigenen, die mir manchmal meinen Schlaf raubt. Komischerweise kann ich auch mit dem spannendsten Krimi wunderbar einschlafen. Biederes Zeug mag ich allerdings nicht. Konservativ darf nur die Erzählweise sein, nicht die Konstruktion oder die Psyche der Figuren. In guten Krimis bekommt man die Gewissheit, dass es nichts Normales gibt. Alle Figuren sind Ausnahmen von der behaupteten Normalität – zumindest in einigen Aspekten ihrer Person. Das beruhigt.