Das gedruckte Buch ist nicht am Ende
Und wieder einmal wird das Ende des gedruckten Buches angekündigt, dieses Mal in der Zeit vom 23.04.2009 von Jürgen Neffe:
„Die Ära des gedruckten Buches geht zu Ende.“
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Anlass zu dieser Behauptung ist das Erscheinen von E-Book-Readern in Deutschland, die es möglich machen, Bücher in digitaler Form endlich einigermaßen lesbar zu bekommen und im Prinzip in der Lage sind, ganze Bibliotheken auf kleinstem Raum verfügbar zu halten.
Es mag ja sein, dass sich das Buch nun, wie die Schallplatte von Vinyl zu MP3, in der breiten Masse vom Papier zum E-Book verschieben könnte, aber ist das das Ende der Ära des gedruckten Buches?
Nein, ich fange jetzt nicht mit der bibliophilen Romantik und somit von der Haptik und dem Geruch von Büchern an. Mein Argument ist pragmatisch: Bücher halten länger als Festplatten und können auch dann noch gelesen werden, wenn sie längst vergessen und erst nach vielen Jahrzehnten wiederentdeckt werden. Digitale Speichermedien halten in dieser Hinsicht nicht mit und es müssen ständig neue Sicherungskopien angelegt und Dateiformate angeglichen werden. Kurz: Sollte jemand auf die Idee kommen, das gedruckte Buch abzuschaffen, sorgen wir selbst dafür, dass sehr viele Zeugnisse unserer Epoche in sehr kurzer Zeit verloren gehen werden, angefangen mit den Bildern (die schon heute meist nicht mehr als Abzüge vorliegen) über allein digital produzierte und veröffentlichte Musik bis eben hin zu Romanen, Gedichten und wissenschaftlichen Werken, die einfach vergessen werden, wenn sie nicht von Datenträger zu Datenträger den sich verändernden digitalen Anforderungen angeglichen werden.
Von Wegen: Das Netz vergisst nichts. Auf kurze Sicht mag das stimmen, auf lange Sicht sieht das ganz anders aus…
Das Problem zeigt sich schon heute: Wissen, das heute im Netz konstruiert wird, ob in Wikipedia oder in Blogs, ist kein Wissen, dessen Speicherung so abgsichert wäre, dass es auch noch in hundert Jahren leicht zugänglich wäre, wie das bei Büchern heute überhaupt kein Problem ist. Und wer kann heute schon noch die Lochkarten der Computer aus den 70er-Jahren des vergangenen Jahrhunderts lesen? Selbst die Nasa hat hier Datenverluste zu beklagen.
Irgendwann müssen wir also beginnen, die uns wichtigen Erinnerungsstücke in die analoge Welt zurück zu holen: Bilder und Webseitentexte ausdrucken, digital verbreitete E-Books wieder in Buchform binden und – ganz wichig – private E-Mails, die für uns bedeutsam sind, ausdrucken und zumindest, wie früher bei Briefen verbreitet, in einer Kiste sammeln. Tun wir das nicht, könnte unsere Zeit im Rückblick eine trotz der Massen an Information für die Nachwelt zu einer „dunklen“ quellenarmen Zeit werden, insbesondere in Bezug auf das alltägliche Leben…
Eine Übersicht der mit der digitalen Langzeitspeicherung verbundenen Probleme findet sich unter übrigens unter http://www.payer.de/digitalebibliothek/digbib02.htm.
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