Gegenwart und Zukunft der Informationsmedien: Zeitung, Radio, Fernsehen und digitale Verknüpfungen

Medien sind Vermittler ((Der Medienbegriff ist vielfältig und somit unscharf. Unterschiedliche Bedeutungen, die über den hier genutzten Medienbegriff hinaus gehen finden sich hier)). Früher wurden auch Menschen als »Medien« gesehen, so z. B. das Orakel von Delphi; in der Gegenwart wird mit dem Begriff »Medien« eher der technische Träger und Übermittler von Informationen gemeint: Zeitung, Buch, Internet, Fernsehen, Radio etc. Für persönlich vermittelnde Aktivitäten haben sich andere, nach Tätigkeiten differenzierende Begriffe durchgesetzt, wie z. B. Mediator, Lehrer, Schlichter etc.

Im Laufe der Geschichte haben sich bislang immer die Informationsträger und technischen Wege zur Informationsübertragung durchgesetzt, die die jeweils höchste Informationsdichte und den schnellsten Weg zu ihrer Vermittlung ermöglichten. Dabei hat die Übertragungsgeschwindigkeit die Informationsdichte manchmal überlagert. Dies geschah insbesonder dann, wenn ein neues Medium eingeführt wurde und die Informationsverdichte, die auf diesem Wege zu erreichen war, erst nach und nach erhöht wurde, wie z. B. beim Telegrafen, dessen Grundprinzip der Übertragung von Information mit Hilfe elektrischen Stroms weiter entwickelt wurde. Der bislang letzte Schritt dieser Entwicklung ist das Internet.

Zeitungen waren bei ihrem Aufkommen Informationsträger, die schnell und weit verbreitet werden konnten und als Sammlungen von auf anderen Wegen zusammengetragenen Informationen gelten konnten. Das Radio beschleunigte den Prozess der Übertragung von Informationen, die sowohl redaktionell bearbeitet oder direkt vom Ort des Geschehens live gesendet werden. Bis heute ist das so und das Radio war dennoch nicht in der Lage, die Zeitung zu verdrängen. Gleiches gilt für die Entwicklungen des Fernsehens. Der schriftliche Datenträger »Zeitung« als Medium verlangt, dass seine Nutzer Lesen können; das Lesen scheint eine sehr effektive Form der Aufnahme von Informationen zu sein, die Radio und Fernsehen mit ihren vorgegebenen Sendezeiten und den von ihnen angesprochenen Sinnen, verbunden mit einer vorgegebenen Zeitspanne der Informationsübermittlung, nicht zu ersetzen vermochten. Und das gilt auch noch in Zeiten von Podcasts, Mediatheken, Aufnhamegeräten etc.

Digitale Technologien und das Internet scheinen nun erstmals in der Lage, Texte, Audio oder audiovisuelle Formate zu transportieren. Das hat kein Informationskanal vorher gekonnt, ganz zu schweigen von der Möglichkeit, die unterschiedlichen medialen Formate miteinander zu kombinieren.

Entsprechend ist die Vorstellung, dass Computer als Datenvermittler, -empfänger und Informationsträger Zeitungen ablösen könnten, erstmals in der langen Geschichte der Zeitungen ein mögliches Szenario, wobei Zeitung auf diesem Wege zum ersten Mal die Möglichkeit bekommen, ähnlich wie Radio und Fernsehen, zeitnah oder gar fast live zu berichten.

Es zeichnet sich ein neues Format der medialen Über- und Vermittlung (tagesaktueller) Informationen ab. Die lange nebeneinander existierenden Medien Zeitung, Radio und Fernsehen wachsen mehr und mehr zusammen. Die neue Form hatte bislang allerdings mit der Größe und dem Gewicht der für ihre Wahrnehmung notwendigen Computer zu kämpfen, sodass eine Kapitalisierung der digitalen Inhalte lange sehr schwierig war und vor allem die Tageszeitungen die Konkurrenz des Internets finanziell zu spüren bekommen haben.

Aus diesem Grunde jubelten die Verleger wohl, als im Jahre 2010 der erste, die Massen erreichende Tablet-Computer auf den Markt kam, der leicht genug war und einen angemessenen Bildschirm mit sich brachte, um als transportables Konsumgerät die Rezeption von Informationen in die gewohnten Lebenssituationen der Konsumenten bringen zu können: in den öffentlichen Personennahverkehr, der viel Raum für das Zeitunglesen bietet (wenn auch oft wenig Platz, angesichts mancher Zeitungsformate).

Setzten sich Tablet-Computer wirklich dauerhaft durch, so ist tatsächlich zu erwarten, dass sie das Potential haben, die bisherige Tageszeitung abzulösen. Sie könnten sich aber auch auf das Fernsehen und auch auf weitgehend nebenbei genutzte Radio auswirken.

Die eigentliche Revolution, die wir im medialen Kontext derzeit erleben, ist die Zusammenführung medialer Formen, die bislang aufgrund der von ihnen bedienten Vermittlungskanälen nebeneinander bestanden und je eigene Vermittlungsformen und -kompetenzen aufzuweisen hatten, sodass keines dieser Medien ein anderes Medium nachhaltig verdrängen konnte.

Entsprechend leben wir gegenwärtig in einer Übergangsphase, in der die unterschiedlichen, organisatorisch getrennten Medienanbieter (Zeitungsverlag, Fernseh- und Radiosender) auf die Möglichkeit der Verknüpfung reagieren und jeder für sich einen Weg der Integration der unterschiedlichen medialen Formen sucht. Dabei wird sich eine Angleichung der Angebote (zumindest via Internet) ergeben, die zuletzt nicht nur die Möglichkeit hat, Zeitungen zu verdrängen, sondern darüber hinaus die Frage aufwerfen wird, wie Kooperationen der einzelnen Medienanbier aussehen könnten. Kurz: Es wird zu Fusionen von Zeitungsverlagen, Fernseh- und Radiosendern kommen, die die gesamte Breite des Medienmarktes völlig verändern werden, mit denen aber auch eine Konzentration im Medienbereich noch stärker einhergehen wird, als es schon heute der Fall ist.

In solch einem absehbaren Konzentrationsprozess wird die Meinungsvielfalt dann nicht mehr durch die Zahl der unterschiedlichen Anbieter medialer Produkte gesichert, sondern durch nicht an eine dieser dann noch kleineren Zahl an Firmen gebundene Formen medial gestützter Berichterstattung. In diesem Rahmen werden soziale Netzwerke eine Rolle spielen, aber vielmehr werden Einzelpersonen oder Netzwerke von Einzelpersonen, von denen bekannt ist, dass sie zuverlässig und vertrauenswürdig arbeiten, diese Rolle der Sicherung der Meinungsvielfalt übernehmen, wenn es um die Frage des Vertrauens in die Richtigkeit von Informationen geht. In Ansätzen können wir beide Tendenzen bereits heute beobachten.

Die Folgen dieser Entwicklung, so sie so eintritt, wie es hier phantasiert wird, werden weitreichende Veränderungen mit sich bringen, die weit über die Verlage und Sender hinausreichen. Der Zeitungs- und auch Zeitschriftenmarkt, wie wir ihn heute kennen, wird zusammenbrechen. Die Zwischenhändler (Kioske, Zeitschriftenläden etc.) werden immer seltener im Stadtbild anzutreffen sein, was die Gewinnmargen der Anbieter der entsprechenden Produkte in digitaler Form steigern dürfte, da sie die Gewinne der Händler nicht mehr einpreisen müssen, aber die Preise sicher auch nicht senken werden. Z. T. sind heute digitale Ausgaben von Zeitschriften und Zeitungen sogar schon teurer als das Pendant im Zeitschriftladen.

Resumee

Es spricht vieles dafür, dass die Verknüpfung von Text, Bild, Video und Audio zumindest im Informationsbereich zur Entwicklung eines neuen, integrierten Formates führen wird. Z. T. sind diese Verknüpfungen schon heute sehr deutlich. Zeitungen haben eigene Fernsehsendungen (SpiegelTV, SternTV…), auf Websites von Zeitungen gibt es Videonachrichten, Fernsehsender bieten schriftliche Inhalte im Internet an etc. Mit diesem integrierten Format wird sich der Markt völlig verändern. Gleichzeitig wird sich die Frage nach der Vielfalt der Argumentationsweisen im Rahmen von Meinungsbildungsprozessen stellen. Blogger und auch soziale Netzwerke werden hier eine kritische Funktion bekommen, stärker noch, als es bisher der Fall ist. Dabei werden sich einzelne Blogger und soziale Netzwerker den Ruf der Zuverlässigkeit und des Vertrauens erwerben; auch das lässt sich bereits heute beobachten, wird sich aber wohl verstärken.  Somit werden diese Einzelpersonen oder Netzwerke von Einzelpersonen ein Teil des Meinungsbildungsprozesses, was ebenfalls schon heute erkennbar ist. Meinungsbildungsprozesse werden also viel mehr über institutionalisierte Medienunternehmen hinaus gehen als dies bis heute der Fall ist, wobei ich hier auch die öffentlich-rechtlichen Medienanstalten zunächst einmal zu den Medienunternehmen zähle. Inwiefern sich dadurch völlig neue Strukturen bei tagesaktuellen Informations- und Meinungsbildungsprozessen bilden, ist heute noch nicht absehbar. Dass ein solcher Strukturwandel aber möglich ist, ist Teil des nicht nur integrierenden, sondern auch differenzierenden Potentials digitaler Medien.