Das einzelne Wort will nicht einsam sein – oder: Einführung in die Grammatik

Einzelne Wörter sind wichtig. Jedes Wort kann etwas von der Wirklichkeit zeigen. Je mehr Wörter ein Mensch also kennt, um so mehr und genauer kann er etwas von der Wirklichkeit »abbilden«. Aber auch Gedanken und Gefühle benötigen Wörter, wenn wir sie über Sprache beschreiben und ausdrücken wollen.

Doch können wir noch so viele Wörter kennen: Um mit Wörtern etwas ausdrücken zu können, brauchen die (meisten) Wörter andere Wörter. Aber auch wenn sich mehrere Wörter zusammen tun, ergibt das nicht automatisch auch Sinn. Wörter brauchen eine Ordnung, um etwas von der Wirklichkeit ausdrücken zu können. Diese Ordnung nennt man »Grammatik«.

Die Grammatik ist in ihren Grundlagen eigentlich ganz einfach: Man braucht neben Wörter Regeln, die es den Wörtern ermöglichen, etwas über die Wirklichkeit zu sagen. Erst diese Regeln stellen die Ordnung her, die man »Grammatik« nennt.

Das Wort »trinken« alleine stehend z.B. wirft mehr Fragen auf, als es beantwortet: Wer trinkt? Ein Mensch? Ein Tier? Trinkt einer oder trinken mehrere? Was wird getrunken? Wo geschieht dieses trinken? Wann wird getrunken? – Nur eine Frage beantwortet das Wort, wenn es alleine steht: Es geht um etwas, das getan wird. »trinken« ist ein Verb. »Verb« ist sozusagen der Name des Wortes. Andere Wörter haben andere Namen, z. B. Nomen oder Adjektiv.

Und was für ein Verb gilt, das gilt auch für Nomen und Adjektive: So geht es beispielsweise den Wörtern »schön« oder »Haus« genau wie dem Verb, wenn es alleine steht. Sie brauchen andere Wörter, wenn sie etwas Sinnvolles ausdrücken wollen. Also tun sie sich zusammen und bilden Wortgruppen.

Die genannten Beispielwörter können sich also zusammentun. Dann haben wir folgende Möglichkeiten: »Haus trinkt schön«; »trinkt schön Haus«; »schön trinkt Haus«; »Haus schön trinkt«. Das gibt noch nicht viel Sinn. Aber so sprechen wir schnell, wenn wir eine neue Sprache lernen: Wir lernen Vokabeln, reihen sie aneinander und es passiert gar nicht so selten, dass wir dann sogar schon verstanden werden. – In dem Beispiel hier ergibt die Aneinanderreihung allerdings nicht viel Sinn – oder?

Worte, die sich zu Gruppen zusammenfinden, brauchen Spielregeln für das »Zusammenleben«. Deshalb haben Wörter nicht nur Namen, sondern bekommen in einem Satz auch eigene Aufgaben, die sie in einem Satz übernehmen. Jedes Wort übernimmt eine bestimmte Funktion im Satz: Es werden Vereinbarungen getroffen, welches Wort oder welche Wortgruppe an welche Position in einem Satz stehen muss oder kann. Und da selbst dies oft noch nicht reicht, um genau zu erkennen, was die Wörter als Wortgruppen im Satz aussagen, werden noch kleine Zeichen hinzugefügt, die als »Wegweiser« im Satz dienen.

Die Grundregel der Grammatik könnte dann vielleicht so lauten: Wörter, die etwas von der Wirklichkeit ausdrücken wollen, stehen nie alleine, sondern erfüllen immer eine Funktion in einem Zusammenhang von Wörtern, der nach Regeln gegliedert wird und mit Satzzeichen als »Wegweiser« versehen einen Satz bildet.

Ein wenig komplizierter wird es aber schon, wenn klar wird, dass ein Wort in unterschiedlichen Sätzen unterschiedliche Funktionen haben kann. Nehmen wird z. B. das Adjektiv »schön«:

Wir bauen ein schönes Haus. <== »schön« als Attribut eines Objektes

Das Haus ist schön. <== »schön« als prädikative Ergänzung eines Prädikates

Wir machen unser Haus schön. <== »schön« als adverbiale Bestimmung (Adverbial). Hier macht es genauere Angaben über die   Art und Weise, wie etwas getan wird.

Außerdem können Wörter unterschiedlicher Wortarten im Satz unterschiedliche Aufgaben übernehmen. So können unterschiedliche Wortarten Teile der unterschiedlichen Satzfunktionen (Subjekt, Prädikat, Objekt…) werden:

Im nächsten Jahr werden wir ein Haus bauen <== Verben als Prädikat

Das Haus hat schöne Fenster. <== Verb, Adjektiv und Nomen als Prädikat

Häuser bestimmen das Lebensgefühl. <== Nomen als Subjekt

Das Bauen schöner Häuser ist mir wichtig. <== Artikel, nominalisiertes Verb, Adjektiv und Nomen als Subjekt

Und so können alle Satzteile sowohl aus einem Wort oder auch aus einer Wortgruppe bestehen, die die Funktion dieses Satzteiles übernehmen.

Was gerade noch ganz einfach klang (Grammatik als Regeln der Ordnung von Wörtern), klingt hier schon ein wenig komplizierter.  Doch wenn diese Basis jeglicher Grammatik erst einmal verstanden wurde, ist die oft so kompliziert erscheinende Grammatik einer Sprache wahrscheinlich schon ein gutes Stück leichter zu verstehen.