Das Verb, der Satz, die Kommaregeln
Das Verb, der Satz, die Kommaregeln von Torsten Larbig steht unter einer Creative Commons Namensnennung-Nicht-kommerziell-Weitergabe unter gleichen Bedingungen 3.0 Deutschland Lizenz.
Jeder Satz, das gilt nicht nur für die deutsche Sprache, wird von einem Verb getragen.
Diese Regel gilt sowohl für Haupt- als auch für Nebensätze.
Nur wenn jemand auf die Idee kommt, Verben aufzuzählen, kommen in einem Satz mehrere Verben vor. Solche Aufzählungen von Verben sind aber eher selten anzutreffen. Ein Beispiel für eine solchen Satz:
Das Kind lief, lachte und keuchte durch die Straße.
Da Aufzählungen eher weniger zu Problemen bei der Zeichensetzung führen, um die es hier auch gehen soll, sei diese Möglichkeit erwähnt, aber an dieser Stelle nicht näher in den Blick genommen.
Um Hauptsätze und Nebensätze zu unterscheiden, lohnt es sich in der Regel einen Blick auf die Verben in einem Satz zu werfen. Das bedeutet aber auch, dass die Verben bei der Zeichensetzung hilfreich sein können, wenn jemand mit dieser Probleme hat.
Das Verb steht im Zentrum des Satzes. Das Verb hat aber auch eine bestimmte Position in Sätzen, die in Haupt- und Nebensätzen unterschiedlich ist.
In Hauptsätzen steht das Verb in der Regel nach dem Subjekt an zweiter Stelle und übernimmt die Rolle des Prädikats eines Satzes. Das Subjekt ist normalerweise mit einem Substantiv oder einem Pronomen verbunden, das an die Stelle des Substantivs (Nomens) tritt („Das Haus“ – Substantiv mit bestimmtem Artikel / Es – Pronomen, das an die Stelle des Substantivs (Nomens) „Haus“ tritt.)
Der Grund für diese Positionierung des Verbs (Prädikats) im Deutschen liegt darin, dass das Subjekt eines Satzes nicht alleine stehen kann. Ob es sich um eine Person, eine Sache oder etwas Abstraktes (Liebe z. B. ist ein abstrakter Begriff, nicht weil Liebe als Gefühl abstrakt wäre, sondern weil „Liebe“ nichts ist, was einfach so auf der Straße herum läuft, wie z. B. auch Freiheit, Unendlichkeit etc.) handelt: Das Subjekt tut immer etwas, ist nie ohne ein konkretes Handeln zu denken. Entsprechend steht das Verb als Prädikat im deutschen Hauptsatz immer direkt im Anschluss an das Subjekt.
Eine Ausnahme gibt es von dieser Regel: In Befehlssätzen (Imperativ) und bei Fragen, in denen das gewünschte Handeln eines Subjekts besonders hervorgehoben wird, steht das Verb an erster Stelle.
Gib mir bitte den Stift! (Imperativ) || Ist das Essen scharf? (Fragesatz)
Merksatz: Wenn das Verb an zweiter oder erster Stelle eines Satzes steht, so ist dieser Satz ein Hauptsatz.
In Nebensätzen hingegen steht das Verb in der Regel an der letzten Position.
Krankenwagen fahren schnell, weil es darum geht, Leben zu retten. (fahren: 2. Position im Satz = Hauptsatz; geht / retten: letzte Position im Satz = Nebensätze)
Merksatz: Steht das Verb an letzter Stelle, so handelt es sich um einen Nebensatz.
Ich habe schon ein paar Ausnahmen erwähnt. Diese sollen aber nicht darüber hinweg täuschen, dass die Grundregel einfach ist: Das Verb steht in Hauptsätzen in der Regel an erster oder zweiter Stelle, in Nebensätzen steht es in der Regel an letzter Stelle des Satzes.
Kommas werden immer dann gesetzt, wenn Haupt- und Nebensätze auftauchen. Sie werden durch ein Komma getrennt. Das gilt auch, wenn Hauptsätze nicht durch einen Punkt beendet werden, sondern durch Komma voneinander getrennt werden. Die erweiterte Regel lautet also: Sätze werden durch Komma getrennt, wenn zwischen ihnen kein Punkt oder ein anderes Satzzeichen steht. Das ist unabhängig davon, ob eine Satzreihe (Hauptsätze) vorliegt oder ob Haupt- und Nebensätze voneinander getrennt werde. Einzige Ausnahme: Die Hauptsätze werden mit „und“ oder „oder“ miteinander verbunden.
Beispiele: Der Tag war schön und die Sonne schien. (Zwei Hauptsätze als Aussagesätze) || Gehst du ins Kino oder gehst du ins Schwimmbad? (Zwei Hauptsätze als Fragesätze)
Solche Ausnahmen, von denen es im Deutschen bei fast jeder Regel immer welche gibt, nerven so lange, bis man den Blick auf die Verben richtet. Wenn man weiß, dass kein Komma gesetzt wird, wenn Sätze mit „und“ oder „oder“ verbunden sind, kann man sich immer von der Anzahl der Verben und deren Position ableiten, ob ein Haupt- oder Nebensatz vorliegt und wo Kommas gesetzt werden.
Merksatz: Schau auf die Verben! Von ihnen abhängige Haupt- und Nebensätze werden durch Komma getrennt, wenn nicht „und“ oder „oder“ zwei Hauptsätze verbindet.
Der Vorteil des Blicks auf die Verben ist, dass dieser Blick alleine schon eine relativ gute Orientierung gibt, ob ein Komma gesetzt werden muss oder nicht. Dieser Blick kann dazu beitragen, dass Kommata richtig gesetzt werden, auch wenn man die einzelnen Begründungen nicht kennt, die es über diese Regel hinaus für die Setzung von Kommas gibt. (Ja, früher war der Plural von „Komma“ alleine „Kommata“, heute darf man auch „Kommas“ sagen bzw. schreiben.)
Das heißt nicht, dass mit dieser Regel alle Arten von Sätzen abgedeckt wären, die es im Deutschen gibt, aber in sehr vielen Fällen ist dieser Blick auf Sätze, der sich an den Verben orientiert, sehr hilfreich.
Merksatz: Verben geben Orientierung in Sätzen, auch wenn es sehr kompliziert gebaute Sätze sind.
Somit bin ich nun an dem Punkt, an dem ich versuchen kann, die eine wichtige Kommaregel in Abhängigkeit von den Verben zu formulieren:
Das Komma trennt Hauptsätze (Satzreihen) oder Haupt- und Nebensätze. Jeder Haupt- oder Nebensatz enthält in der Regel ein Verb.
Anders ausgedrückt:
Orientiere dich bei der Frage nach der Zeichensetzung an den Verben in einem Satz. Kommt mehr als ein Verb vor und handelt es sich nicht um eine Aufzählung von Verben, die gemäß der Regeln für Aufzählungen mit Kommas getrennt wird, muss in der Regel an der Grenze von Haupt- und Nebensatz ein Komma gesetzt werden.
Das Verb steht im Zentrum des Satzes. Wer einmal versteht, was diese Aussage bedeutet, wird übrigens nicht nur weniger Probleme bei der Kommasetzung haben, sondern vom Verb ausgehend auch schönere Sätze schreiben; aber diese Konsequenz sei nur am Rande erwähnt.
Hey … danke für die Wiederholung. Ich habe zwar immer auf meinen Sohn gehofft, bei dem ich das wieder lernen kann, aber der ist erst in der 1. Klasse und hat gerade seinen 5. Buchstaben kennengelernt. Das mit der Grammatik würde also noch einige Zeit dauern 😉
Auch wenn meine Grammatik und Rechschreibung nicht „so schlecht“ ist, ist der Tipp, dass man sich nach den Verben orientieren sollte, sehr hilfreich.
„Ich werde mal versuchen, in der nächsten Arbeit darauf zu achten.“ (Kommt hier ein Komma? 2 Verben: werde…versuchen ; zu achten)
Liebe Grüße.
Dominik
@Dominik. Ja, da steht ein Komma. Sie haben das Prinzip richtig angewendet.
Sieh das mal nicht als Klugscheißerei – aber müsste man nicht bei vielen der Gedanken eher genauer vom finiten Verb sprechen?
@tommdidomm Klar, wenn es zum Verständnis beitragen würde. Aber da ich Begriffe wie „infinit“ und „finit“ in dem Artikel gar nicht verwende, weil es mir nicht um die grammatikalischen Formen des Verbs geht, sondern um die Orientierung an Verben zum Zwecke der Zeichensetzung, sehe ich nicht den Mehrwert, wenn ich es täte. Klar könnte man das alles noch viel genauer fassen, äußerst differenziert von finiten und infiniten Verbformen sprechen, aber wozu? Welchen Mehrwert zur Zielrichtung, zum zentralen Inhalt dieses Beitrages brächte es denn? Was an den Aussagen im Artikel ist falsch? Und was würde „richtiger“, wenn ich, für viele Leser eher irritierend als hilfreich, auch noch den Begriff des finiten Verbs verwenden würde?
OK OK OK…nicht angegriffen fühlen – es ging nicht um richtig oder falsch. Vielleicht war mir auch die Zielgruppe deines Artikels nicht ganz bewusst.
In meiner Anmerkung ging es aber nicht um genauere oder differenziertere Beschreibungen, sondern um den Fehler, den meine Schüler auch gern machen, wenn ich ihnen das mit der Stellung des Verbs erkläre. Sobald Sie Sätze haben, die das Perfekt oder Plusquamperfekt verwenden, geraten sie nämlich ob der Hilfsverben ins Schleudern.
da kommen dunkle Erinnerungen an meine Prüfung letztes Jahr auf (Valenzgrammatik und DaZ). Aber auf die Idee so die Kommaregeln zu erklären, wäre ich nicht gekommen.
Ich probiers mal aus (zumindest mit denen, die keine Probleme mi der Verbendstellung haben).
Gilt die Trennung von Haupt- und Nebensatz durch eine Komma ebenfalls, wenn in dem Haupt- und/oder Nebensatz anstatt eines Verbs ein Nomen steht (Verb-zu-Nomen-Ableitung)?
Mit einem Beispielsatz würde die Frage verständlicher. So kann ich leider wenig mit ihr anfangen.
Beispielsatz: Neben der Nutzung von Personenkraftwagen über alle Altersgruppen hinweg (,) muss auch das spezifische Nutzungsverhalten in die Analyse mit einbezogen werden, um validierte Rückschlüsse treffen zu können. Das Komma, das mir Sorgen bereitet, ist in der Klammer angeführt. Ich habe mit ‚Nutzung‘ nur ein Nomen in der Satzeinleitung, anstatt ein Prädikat.
Hallo Torsten,
super deer Blog, danke.
Wenn man die deutsche Sprache an ausländische Lerner vermittelt muss man bei der Beschreibung der Position des Verbes immer „konjugiert“ hinzufügen, denn sonst sind sie manchmal verloren: beispiesweise bei den zusammengesetzten Zeiten. Und zur Position 2 im Hauptsatz muss ich immer hinzufügen dass dadurch das Subjekt nachgestellt wird, was eine der Hauptschwierigkeiten der Lerner darstellt. Gar nicht so einfach. 🙂
Liebe Grûsse
PP