Herausforderung Medienpädagogik

Resume: Dass die Nutzung digitaler Medien (nicht nur von Kindern und Jugendlichen) mit Risiken verbunden ist, die von Fragen des Datenschutzes bis hin zum Jugendschutz reichen, kann als unstrittig angesehen werden.

Um die Frage, wie mit diesen Risiken umgegangen werden kann (in der Politik, im Alltag des einzelnen Medienbenutzers, in medienpädagischen Kontexten etc.) gibt es hingegen reichlich Streit. Aus diesem Grunde versuche ich in diesem Beitrag eine Position und sich daraus ergebende Handlungsoptionen zu entwickeln, die die Risiken der Mediennutzung ernst nehmen, ohne die Notwendigkeit aus dem Blick zu verlieren, dass pädagogisches Handeln auch damit umgehen muss, dass digitale Medien mit immer größerer Selbstverständlichkeit im Privatleben und Beruf nicht nur eingesetzt werden sondern der kompetente Umgang mit diesen Medien immer stärker auch vorausgesetzt wird.

In unregelmäßigen Abständen gibt es Debatten um die Rolle von digitalen Medien, insbesondere des Internets und von Gewalt»spielen« (Killer»spielen«) im Zusammenhang mit gewalttätigem Verhalten insbesondere Jugendlicher.

Es kann als unbestritten angesehen werden, dass der Umgang mit neuen Medien (Internet, Mobiltelefonen mit Kamera und Internetzugang etc.) für Jugendliche mit Risiken verbunden ist. Diese bestehen insbesondere aus

  1. dem oft unkontrollierten Zugang zu Internetseiten mit jugendgefährdenden Inhalten – auch aus Mangel an (technisch sicher nicht immer idealen und perfekten und auch die auf Vertrauen basierende Erziehung zum angemessenen Umgang mit dem Internet nicht ersetzen könnenden) Jugendschutzfiltern auf heimischen Rechnern;
  2. der Nutzung von »Spielen« mit Gewaltdarstellungen oder sog. »Ego-Shooter«, aber auch von Online-Spielen mit Suchtpotential (am bekanntesten ist hier »World of Warcraft«);
  3. der Gefährdung von Jugendlichen in Online-Chats durch Fake-Profile, die eine Person vorgaukeln, die nicht real existiert (bis hin zur sexuellen Belästigung);
  4. dem mit der Veröffentlichung von Daten, Bildern und Videos auf Onlineplattformen (z. B. schuelervz; myspace; facebook etc.) verbundenem Risiko, sich selbst durch Leichtsinn zu schädigen (Datenmissbrauch; Veröffentlichung von Fotos, die mögliche Arbeitgeber von der Einstellung Abstand nehmen lassen etc).

Diese Phänomene führen zu der Frage, wie Pädagogen und Pädagoginnen, Lehrerinnen und Lehrer und alle an der Erziehung von Kindern und Jugendlichen beteiligten Personen zukünftig mit den Herausforderungen umgehen, die mit der Nutzung der genannten Medien durch Kinder und Jugendliche verbunden sind.

Eine naheliegende Option: Verbot oder ein »Unsichtbarkeitsgebot« z. B. in Schulen für Schüler-Handys, Schüler-MP3-Player (die häufig auch mit der Möglichkeit zum Anschauen, nicht aber zum Aufnehmen von Videos ausgestattet sind.), Schüler-Laptops und zukünftig auch für die gerade in Mode kommenden Klein-Laptops mit direktem Internetzugang (sog. Netbooks).

Ein solch restriktives Vorgehen wird in der medienpädagogischen Debatte jedoch auch kritisch betrachtet:

»(Medien)pädagogisch sind derartige Verbote als problematisch und wenig wirksam anzusehen. Mal abgesehen von der Unmöglichkeit der generellen Durchsetzung des Handyverbotes bietet die Grenzüberschreitung der Verbote einen zusätzlichen Anreiz, dies zu umgehen. Derartige Verbote ändern auch nichts an den Ursachen der Entstehung, Verbreitung und Konsumierung von Gewalt- und Pornographiedarstellung per Handy. Ein Handyverbot in der Schule schützt Kinder und Jugendliche auch nicht, wenn sie dann außerhalb der Schule mit problematischen Inhalten konfrontiert werden.« (Themendienst von Schulen ans Netz, Nr. 4 – Dezember 2006)

Wie aber könnte der Umgang mit dem Wissen um die Risiken der Mediennutzung insbesondere durch Jugendliche in pädagogischen Kontexten aussehen? Hier besteht nach wie vor Diskussionsbedarf – und so verstehe ich die folgenden Vorschläge auch als Beitrag zu einer Diskussion, von der ich mir auch für mich selbst weiter Erkenntnisse erhoffe.

Hintergrund der folgenden Vorschläge ist meine Überzeugung, dass medienpädagogisches Handeln – und in diesem Kontext beispielsweise auch der Erziehungsauftrag von Schule –  die Förderung  des verantworteten Umgangs mit Medien beinhalten muss, die den Alltag im Studium, im Beruf und im Privatleben bereits heute (und in Zukunft voraussichtlich noch viel stärker) wie selbstverständlich prägen (werden). Meine Vorschläge nehmen dabei insbesondere den schulischen Kontext medienpädagogischen Handelns in den Blick:

  1. Prävention durch Aufklärung über Risiken: Aufklärung z. B. über rechtliche Fragen im Umgang mit Bildern und Audiodateien im Internet (Recht am eigenen Bild, Urheberrecht) so früh wie möglich, z. B. im Zusammenhang mit dem sog. Computerführerschein, der oft schon in der Grundschule eine Rolle spielt. Diese Aufklärung muss darüber hinaus wiederholt in passenden Kontexten die gesamte Schullaufbahn von Schülerinnen und Schülern begleiten (z.B. in den Klassen 5, 7, 9 und an Gymnasien auch z. B. im ersten Jahr der Sekundarstufe II), wobei auch auf die möglichen strafrechtlichen Konsequenzen von medial gestütztem Verhalten hingewiesen werden muss, da viele Jugendliche über diese Aspekte des Gebrauchs von Medien keine Kenntnisse haben. Aufklärung über Möglichkeiten des »sicheren Surfens« (Suchmaschinen für Kinder, Einsatz von Jugendschutzfiltern auf heimischen PCs) sowohl der Schülerinnen und Schüler als auch der Eltern und Erziehungsberechtigten müssen diese Aufklärungsarbeit ergänzen.
  2. Prävention durch kritische Beschäftigung mit digitalen Medien: Integration und kritische Reflexion der von Jugendlichen genutzten Kommunikationswege (SMS, MMS, Chat, schuelervz, myspace, facebook, skype etc.) in allen Jahrgangsstufen, wobei zu überlegen ist, wo diese Themen im Lehrplan und im Curriculum der Schulen sinnvoll angesiedelt werden können, vermutlich insbesondere in den Fächern Informatik, Deutsch, Politik und Wirtschaft, katholische und evangelische Religionslehre, Ethik (aber auch in den Fremdsprachen, in Physik…)
  3. Prävention durch produktiven und medienpädagogisch sinnvollen Einsatz digitaler Medien und somit der Förderung von Medienkompetenz: Durchführung von Unterrichtsprojekten, die den produktiven Umgang mit den von Jugendlichen genutzten digitalen Medien integrieren (Beispiele zum Einsatz von Handys in den Fächern Deutsch, Französisch, Spanisch, PoWi, Mathematik und Kunst finden sich im Internet auf lehrer-online). Aber auch die produktive Nutzung digitaler Medien durch die Schulen und, so es den persönlichen Interessen entspricht, auch durch Lehrerinnen und Lehrer (äquivalent gilt das natürlich auch für andere pädagogische Einrichtungen und Berufe).
  4. Sanktion bei missbräuchlicher Nutzung digitaler Medien: Konsequentes Handeln bei Bekanntwerden von missbräuchlicher Nutzung digitaler Medien, z. B. im Kontext einer Schule (Videoaufzeichnungen, die Persönlichkeitsrechte tangieren bzw.  nicht im Kontext von Unterrichtsprojekten gemacht werden; Onlinestellen von Bildern, bei denen das Recht am eigenen Bild nicht berücksichtigt wird; Tausch von urheberrechtlich geschütztem Material (Musik) über Bluetooth etc.).

Diese Ideen verstehen sich nur als Vorschlag eines Rahmens, in dem der Umgang mit digitalen Medien in pädagogischen Kontexten stattfinden könnte. Diese Ideen erheben dabei keinen Anspruch auf Vollständigkeit und können gerne per Kommentar zu diesem Artikel ergänzt werden.

Außerdem habe ich bewusst auf eine Konkretisierung der Ideen verzichtet, weil die Entwicklung von konkreten Konzepten, Unterrichtsmodellen etc. an die jeweils konkreten Kontexte angebunden werden muss und bestimmt zu ganz unterschiedlichen Umsetzungen führt, die, so ein Austausch über solche Konzepte stattfindet, einander ergänzen, bereichern oder kritisch reflektieren können.

Sollte es bereits konkrete Erfahrungen mit solchen Konzepten geben, sowohl positive Erfahrungen als auch Erfahrungen mit Konzepten, die nicht gelungen bzw. der Nachjustierung bedurften, so würde ich mich auch hier über entsprechende Kommentare freuen, die diesen Eintrag und die Diskussion ums Thema konstruktiv weiterbringen können.