Handys und MP3-Geräte an der Schule?
Die an Schulen zu fördernden Kompetenzen stehen immer in einem engen Zusammenhang mit Wissen. Ohne Wissen keine Kompetenz! Und Unterricht, der nur Methoden verwendet, ohne diese immer mit den Inhalten zu koppeln bzw. aus den Inhalten abzuleiten, ist vermutlich nicht unbedingt guter Unterricht.
Zu dem Wissen und den damit verbundenen Kompetenzen, die Schule zu vermitteln hat, gehört nach den Lehrplänen auch Wissen über und kompetenter Umgang mit Medien, auch wenn diese in den Lehrplänen nach wie vor oft mit den »alten« Medien Zeitung und Film verbunden sind. Da aber die Lebenswelt mehr und mehr von »neuen« Medien geprägt ist, gehören diese natürlich auch in den Unterricht. Je nach persönlicher Einstellung der Lehrenden werden dann die Nachteile oder die Vorteile oder beides thematisiert und an Inhalte gebunden.
Ein paar Beispiel:
- Wenn ich einen Roman lese und bislang ein Lesetagebuch führen lasse spricht inhaltlich nichts dagegen, ein Lesetagebuch als Blog zu führen und die Erfahrungen des Lesens und der verwendeten Arbeitsform zu reflektieren.
- Schüler und Schülerinnen habe Ideen, die ich nicht habe: Ein Abiturient erstellt eine Lernkartei in Powerpoint und speichert die Folien mit Fragen und Antworten als Bilder, die er dann auf seinem Handy immer mit sich trägt und erfolgreich nutzt. Und ja, einen solchen Einsatz von Handys finde ich gut, wenn er für das Lernen effektiv ist.
- Viele meiner Oberstufenschüler haben mit dem Handy Internetzugang. Auch wenn ich es noch nicht praktiziere, frage ich mich manchmal, ob im Kontext eigenständiger Lernprozesse dieses Instrument nicht genau so genutzt werden sollte, wie bisher z.B. verfügbare Wörterbücher, wobei gleichzeitig natürlich z.B. die Qualität von Internetinformationen zu reflektieren wäre. Allerdings wäre der Einsatz des Handys mit Internetzugang bei Klausuren wegen Missbrauchsrisiken nach wie vor nicht zu erlauben
- MP3Player als Lerninstrument: Ich selbst gehöre zu den Leuten, die mit digitalem Diktiergerät arbeiten, gerade wenn es um meine Lektüren geht. Die Aufzeichnungen nutze ich, mit guter Verschlagwortung in meinem Audio-Verwaltungsprogramm, zum wiederholen und Lernen. ((Außerdem nutze ich, das aber nur am Rande, das Diktiergerät auch, um in für Unterrichtsdokumentationen knapp bemessenen Pausenzeiten Notizen zum Unterricht festzuhalten, da wir nun einmal ca. 7x schneller diktieren als schreiben können.)) – Viele Handys bieten die Möglichkeit zu Sprachnotizen und somit auch zum Lernen über das Hören, womit natürlich vor allem auditive Lerntypen angesprochen sind. (Stundenaufzeichnungen sind damit aber nicht unbedingt erlaubt, weil es da Gespräche gibt, an denen viele beteiligt sind und solche Aufnahmen nur möglich wären, wenn ALLE dem zustimmen.)
- MP3Player als Lerninstrument zum Anhören von Podcasts: Viele Radiosender des öffentlichen Bereiches bieten nach wie vor hervorragende Bildungssendungen an. Eine Heranführung an solche Bildungsangebote findet in Schule noch viel zu wenig statt. Fachbezogene Podcasts und deren Reflexion im Unterricht – das wünsche ich mir für Unterricht.
- Und dann natürlich die produktive Seite: Schüler die Blogs schreiben, Podcasts erstellen, die Fotofunktion von Handys (oder Digitalkameras) für Unterrichtsprojekte nutzen… All das ist nicht von Inhalten getrennt zu denken. Das Medium alleine macht noch keinen guten Unterricht, erst die Reflexion der Arbeit und der Methoden und Medien macht einen solchen möglich.
- Schließlich: Schule muss Jugendliche in die Lage versetzen, ohne die Schule in komplexen Lebenswelten zurecht zu kommen. Dazu gehört auch der angemessene und vor allem produktive Umgang mit Handys, MP3-Playern, dem Internet, Foren etc. Schule bietet hier die Möglichkeit, aus dem unreflektierten Umgang mit diesen Medien heraus zu kommen.
Kurz noch zum Thema Missbrauch von Handys in der Schule: Natürlich werden Handys auch genutzt um Dinge zu tun, die Opfer erzeugen und illegal sind. Hier gilt es eine Atmosphäre zu schaffen, in der die Schülerinnen und Schüler lernen können, was nicht geht! Und sei es nur, dass die Schülerinnen und Schüler wissen: Mein Lehrer ist in Sachen Internet kompetent, findet solche Sachen – und geht konsequent dagegen vor!
Medienkompetenz zu vermittelt bzw. beizubringen nimmt an Wichtigkeit immer mehr zu. Weg von den klassischen Medien hin zu den neuen. Das ist die Zukunft. Das Leben nach der Schule setzt ein gewisses Maß an Medienkompetenz vorraus. Eigentlich müssten Schulen ein ganzes Fach anbieten, welches sich ausschließlich mit der Nutzung und dem Verstehen von Medien beschäftigt. Das würde den Schülern nicht nur den Umgang erleichtern, sondern auch das Verständnis für mediale Inhalte schärfen (Bsp. Wahrnehmung der Werbung etc.).
Die Nutzung von neuen Medien zur Vermittlung von Unterrichtsinhalten ist daher der beste Ansatz.
Danke für den Kommentar. Ein wenig klingt er ja schon nach Werbetext. Persönlich finde ich, dass der Einsatz neuer Medien natürlich zur Vermittlung von Unterrichtsinhalten genutzt werden sollen / müssen, möchte aber die »alten« analogen Lernformen auf gar keinen Fall missen, denn der Lernprozess selbst ist 1. analog (das Gehirn ist eben KEIN Computer) und 2. davon abhängig, dass die über Jahrhunderte entstandenen Arbeits- und Lerntechnik – inklusiver der Handschrift! – als Voraussetzung vorhanden sind. Der beste Ansatz ist meiner Meinung nach einer, der keine Monokultur entstehen lässt, denn dies hat sich in der unterschiedlichsten Bereichen bislang immer als nachteilig erwiesen.
Hallo herr Larbig,
also Kompetent was Sachen Internet angeht sind sie ja schonmal. 😉
Ein weitaus größeres Problem sehe ich aber darin, dass nicht unbedingt jeder Schüler Zugang zu solchen >Produkten< hat. Z.B. hat sicherlich jeder aus unserer Klasse ein Handy, ein Computer sehr wahrscheinlich auch noch, aber eine DigiCam oder gar eine professionelle DSLR? Wohl eher die wenigen…
Ein Problem ist sicherlich auch noch, das Wissen, dass man sich aneignen muss um z.B. einen Blog im Internet zu erstellen bzw. ordnungsgemäß zu verwalten. Wie man sieht können manche Schüler nicht mal ordentlich im Internet schreiben und man vermehrt Beiträge sieht wie: „Eyy dU BizD DuMm…“ wo weder auf Rechtschreibung noch auf sonst irgendwas geachtet wird. Auch schlimm sind Leute die Fragen in Foren stellen, wo einerseits CapsLock an ist und andererseits 5000 Fragezeichen hinten dran hängen. (Satzzeichen sind keine Rudeltiere!)
LG
Nik
Hallo Nik,
danke für die Blumen in Sachen Internet 🙂
Ich stimme dir völlig zu: Die Verteilung der Chancen im Umgang mit den in unserer Gesellschaft scheinbar immer wichtiger werdenden digitalen Medien Kompetenzen zu erwerben, sind nicht gleichmäßig verteilt. Kurz: Es können sich tatsächlich mehr Leute als oft gedacht diese Techniken privat einfach nicht leisten.
Wenn wir hier also eine praktisch orientierte Medienarbeit wollen, stellen sich für die Bildungspolitik genau die Probleme, die du sehr genau benennst.
Was das Wissen angeht: Das sehe ich auch so. Da gilt es, sprachliche Fähigkeiten zu entwickeln – z.B. im Unterricht, nicht nur im Deutsch- oder Sprachenunterricht.
Und was das Thema Typographie im Netz angeht: Wenn schon große Zeitungen nicht in der Lage sind im Netz korrekte Anführungszeichen zu setzen, was soll ich dann in Foren erwarten.
»Satzzeichen sind keine Rudeltiere!« – stammt das von dir? Wenn bitte ich höflich um Erlaubnis, diesen Satz zukünftig honorarfrei benutzen zu dürfen.
Gruß,
herrlarbig
Hallo herr Larbig,
Nein, der Satz stammt (leider) nicht von mir, aber ich habe ihn von einer Seite namens GBO (GermanBash.Org). Der Satz ist aber auch sonst weit im Internet verbreitet, deshalb kann ich (leider) weder ihnen die Erlaubnis erteilen, noch etwas Honorar dafür verlangen 😉
Danke für die (blitz-)schnelle Antwort, aber ich denke, dass man sich solche Kompetenzen sicher aneignen kann, aber viel zu viele Leute zu faul sind, oder sich gar nicht erst dafür interessieren sich solches Wissen anzueignen (was sehr schade ist…).
LG
Nik 😉
Argh, Nachtrag: Die Seite heißt: German-Bash.Org (mit Bindestrich).
Grüße & schöne Ferien
Hallo herrlarbig,
Abgesehen vom auch sonst lesenswerten Beitrag: Die Anmerkung zum Audioverwaltungsprogramm interessiert mich. Was benutzt du da bzw. kannst du es empfehlen?
Bin erst am Anfang meiner Arbeit als Lehrer.