Schlagwort: Form

Kleist mit Schülern lesen – aber wann?

Die Vorgeschichte Am Donnerstag vor dem Beginn des neuen Schuljahres spazierte ich mittags durch Frankfurt-Sachsenhausen, weil ich in einem französischen Bistrot den Mittagstisch genießen wollte. Als ich gerade den Schweizer Platz umrundete, sah ich im Kaffee auf der anderen Seite einen Kollegen, den ich sehr schätze und der auch Deutsch unterrichtet. Ich plante spontan um, sorgte dafür, dass er mich sah – und die nächste knappe Stunde war von leckerem Kaffee, hausgemachtem Quiche und einem anregenden Gespräch bestimmt. Nach sechs Wochen merkt man erst, dass man viel zu lange nicht miteinander gesprochen hat… Im Gespräch erzählte der Kollege, dass er

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Die Leiden des jungen Werther 1 – Der Herausgeber als Herausgeberfiktion

Wichtige Fachbegriffe sind kursiv hervorgehoben. Bevor der Briefroman „Die Leiden des jungen Werther“ zu beginnen scheint, meldet sich eine Stimme zu Wort, die sagt, dass in diesem Buch alles gesammelt vorliege, was dieser Herausgeber der Schriften „von der Geschichte des armen Werther nur habe auffinden können“ ((Ich zitiere nach der Hamburger Ausgabe: Johann Wolfgang Goethe, Die Leiden des jungen Werther. In: Trunz, Erich; von Wiese, Benno, Goethes Werke Band VI: Romane und Novellen I, München 1998 (zuerst 1981), S. 7–124, hier S. 7.)). Dieser Abschnitt wird gerne einmal überlesen, als eine Anmerkung Goethes verstanden, die dem Werk vorausgeschickt ist. Später

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Gedichtinterpretation: Lessings „Lob der Faulheit“

Gedichtinterpretation: Lessings „Lob der Faulheit“ von Torsten Larbig steht unter einer Creative Commons Namensnennung-Nicht-kommerziell-Weitergabe unter gleichen Bedingungen 3.0 Deutschland Lizenz. Lessing? Klar. Das ist doch der mit der Ringparabel aus „Nathan der Weise“. Lessing hat Emilia Galotti geschrieben und ein umfassendes Werk zur Dramturgie. Lessing? – Ein fleißiger Dichter. Und dann, im Jahre 1751, das: Gotthold Ephraim Lessing (1729-1781) Lob der Faulheit (1751) Faulheit, jetzo will ich dirAuch ein kleines Loblied bringen. –O – – wie – – sau – – er – – wird es mir, – –Dich – – nach Würden – – zu besingen!Doch, ich will mein Bestes tun,Nach der Arbeit ist gut ruhn. Höchstes Gut! wer dich nur hat,Dessen ungestörtes Leben – –Ach! – –

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Gedichtinterpretation: Joseph von Eichendorff, Mondnacht

Gedichtinterpretation: Joseph von Eichendorff, Mondnacht von Torsten Larbig steht unter einer Creative Commons Namensnennung-Nicht-kommerziell-Weitergabe unter gleichen Bedingungen 3.0 Deutschland Lizenz. Lineare und aspektorientierte Interpretationen stehen im Deutschunterricht in der Regel im Zentrum der Aufmerksamkeit, wenn es um die Deutung literarischer Texte geht. Die lineare Interpretation folgt dabei sehr kleinschrittig dem Verlauf eines Textes und baut eine Gesamtinterpretation linear entlang des Textes auf. Im Extremfall wird Zeile für Zeile, Satz für Satz in den Blick genommen, sodass sich diese Form der Interpretation vor allem für kürzere Texte anbietet und vor allem bei Gedichten ihre Stärke ausspielen, aber auch bei kürzeren Prosatexten

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Gedichtinterpretation: Clemens Brentano, Sprich aus der Ferne

Gedichtinterpretation: Clemens Brentano, Sprich aus der Ferne von Torsten Larbig steht unter einer Creative Commons Namensnennung-Nicht-kommerziell-Weitergabe unter gleichen Bedingungen 3.0 Deutschland Lizenz.Beruht auf einem Inhalt unter herrlarbig.de.Über diese Lizenz hinausgehende Erlaubnisse können Sie unter http://herrlarbig.de/kontakt erhalten. Clemens Brentano (1778–1842) Sprich aus der Ferne (1801) Sprich aus der Ferne Heimliche Welt, Die sich so gerne Zu mir gesellt. Wenn das Abendrot niedergesunken, Keine freudige Farbe mehr spricht, Und die Kränze still leuchtender Funken Die Nacht um die schattigte Stirne flicht: Wehet der Sterne Heiliger Sinn Leis durch die Ferne Bis zu mir hin. Wenn des Mondes still lindernde Tränen Lösen der

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Sprache und Technik

Eigentlich sind alle technischen Medien immer von der Schriftsprache im Kopf bestimmt. Wie funktionieren Audio & Video, wenn keine schriftlichen Konzepte vorliegen? Wird das, was ohne vorgelagerten schriftlichen Entwurf entsteht vielleicht deshalb als unprofessionell empfunden, weil die Authentizität der direkten Gestaltung des Dialoges mit der Wirklichkeit jenseits unserer Gewohnheiten liegt? Ist die von Schrift erzeugte „Professionalität“ in Audio und Video nur die Vortäuschung eines „glatten” Denkens, ohne Ecken und Kanten, ohne Umwege, ohne Zögern und Versprechen? Auf schriftlichen Konzepten basierende Audio- und Videoproduktionen erscheinen dann meist so, dass die Schriftsprache als Hintergrund der Produktion nicht gezeigt wird. Es soll sogar

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Sprache und Macht – Zu Georg Büchners „Woyzeck“

Sprache und Macht – Zu Georg Büchners „Woyzeck“ von Torsten Larbig steht unter einer Creative Commons Namensnennung-Nicht-kommerziell-Weitergabe unter gleichen Bedingungen 3.0 Deutschland Lizenz.. Mangelnde Sprachbeherrschung wird meist als ein Mangel an Bildung angesehen. Aber kann „Bildung“ gleich „Sprache“ gesetzt werden? Georg Büchners vermutlich im Sommer 1836 entstandenes Dramenfragment „Woyzeck“ gibt darauf eine Antwort, die auch im Lichte der Bildungsdebatte im ersten Jahrzehnt des 21. Jahrhunderts gesehen werden kann. Zunächst zur Sprache in Büchners „Woyzeck“, die im Vergleich mit der von Autoren der ersten Hälfte des 19. Jahrhunderts benutzten Sprache auffällig „volksnah“ und gleichzeitig weit entfernt von der Sprache der literarischen

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Kompetenzenorientierung im Unterricht? Ein Beispiel

Seit einiger Zeit befasse ich mit Audioboos. Und seit ein paar Tagen gibt es jetzt auch welche zum Anhören. Dazu habe ich hier ja schon was gesagt. Nun ist mir aber aufgefallen, dass diese Audioboos als ein Beispiel für die Rede von „Kompetenzen“ darstellen können, die oft und ausführlich in der heutigen Bildungslandschaft anzutreffen ist. Auch dazu habe ich mich schon geäußert. In diesem älteren Beitrag legte ich Wert darauf, dass Inhalt und Kompetenzen, dass Wissen und Kompetenzen zusammengehören und eben nicht davon ausgegangen werden kann, dass nun plötzlich irgendwelche Fähigkeiten das Wissen ersetzen sollen. Im Gegenteil: Ein recht verstandener

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Im Gehege des Deutschunterrichts oder: Der Zoo und die Wildnis

„Kurzgeschichten erfreuen sich im Deutschunterricht seit jeher einer großer Beliebtheit“, schreibt Reiner Werner auf Seite Vier der Einleitung des Schroedel-Bandes „Deutsch SII (Kompetenzen, Themen, Training), Kompetent in Kurzgeschichten“, der 2009 erschienen ist. Er zeigt damit, möglicherweise, ohne sich dessen bewusst zu sein (?), schon im ersten Satz des von ihm erarbeiteten Bandes, die Ambivalenz des Einsatzes von Kurzgeschichten auf: Einerseits gehören Kurzgeschichten mit Gedichten zu den am häufigsten im Deutschunterricht eingesetzten literarischen Kunstwerken. Andererseits handelt es sich dabei aber um literarische Gattungen, die außerhalb der Schule so gut wie gar nicht gelesen werden. In der Schule werden diese „kleinen“ literarischen

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Zwischen Kompetenzen und Literacy oder: Ohne Inhalt keine Kompetenz

„Der reine Kompetenzmensch ist in meinen Augen der abhängige Mensch von Morgen“, fasst Maik Riecken die Grenzen und Gefahren eines vor allem auf Kompetenzen ausgerichteten Bildungsbegriffs zusammen. Und weiter schreibt Riecken: „Kompetenzen fangen für mich immer mit dem Inhalt an – nie mit der Methode, nie mit dem Medium. Wir können nicht alles wissen. Das heißt aber nicht, dass wir kein Wissen mehr vermitteln sollten oder dass wir keines mehr brauchen.“ (Quelle) Kompetenzen! – So lautet das neue Zauberwort, seit PISA 1 öffentlichkeitswirksam darstellte, dass es mehr und mehr Jugendliche (u. a. [sic!] in Deutschland) gibt,

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Rechtschreibung – wichtig und sekundär, oder: Vom Lesen und Schreiben

Dieser Beitrag greift die Einsichten auf, die der Verfasser im Rahmen einer Fortbildung mit  Ingrid Naegele zu Lese- und Rechtschreibschwierigkeiten gemacht hat. Zentrale Gedanken, denen ich hier meine eigene Ausdrucksform zu geben versuche, verdanke ich dementsprechend Ingrid Naegele, an deren reicher Erfahrung ich im Rahmen der Fortbildung partizipieren durfte. Die Fähigkeit der Menschen, zu lesen und zu schreiben, hat die Welt verändert. Erst seit diese Kulturtechniken entwickelt wurden, ist ein „Gespräch“ über Raum und Zeit mit nicht anwesenden Menschen möglich. Menschen müssen nicht länger an einem Ort sein, um ihre Gedanken auszutauschen und so voneinander und miteinander zu lernen. Außerdem

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Der Kampf um die Definitionsmacht oder: Von korrekter Schreibung zu angemessenem Ausdruck

Das Chaos begann 1996, vor nunmehr dreizehn Jahren, ohne dass die damals ausgelöste Verwirrung ein Ende hätte. Aus dem „ß“ wurde in vielen Fällen ein Doppel-s, die Aneinanderreihung von drei Konsonanten wurde festgelegt (Schifffahrt; Fülllinie…), die Getrennt- und Zusammenschreibung wurde ebenso neu geregelt, wie Teile der Zeichensetzung. Es bedurfte zweier weiterer Reformen, bis sich zumindest ein wenig Ruhe in Sachen Rechtschreibreform einstellte. In meinen Augen eine völlig unberechtigte Ruhe, da die Diskussion um die Rechtschreibreform eine Seite des schriftlichen Ausdrucks in den Blick zurück geholt hat, die vorher weitgehend unberücksichtigt blieb, eine Seite, die sogar das Bundesverfassungsgericht und den Deutschen

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Handys und MP3-Geräte an der Schule?

Die an Schulen zu fördernden Kompetenzen stehen immer in einem engen Zusammenhang mit Wissen. Ohne Wissen keine Kompetenz! Und Unterricht, der nur Methoden verwendet, ohne diese immer mit den Inhalten zu koppeln bzw. aus den Inhalten abzuleiten, ist vermutlich nicht unbedingt guter Unterricht. Zu dem Wissen und den damit verbundenen Kompetenzen, die Schule zu vermitteln hat, gehört nach den Lehrplänen auch Wissen über und kompetenter Umgang mit Medien, auch wenn diese in den Lehrplänen nach wie vor oft mit den »alten« Medien Zeitung und Film verbunden sind. Da aber die Lebenswelt mehr und mehr von »neuen« Medien geprägt ist, gehören

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Anonym: Dû bist mîn

Sechs Zeilen, die irgendwann von irgendjemanden geschrieben wurden. Überliefert wurde dieses Gedicht am Schluss eines Briefes, der auf Latein geschrieben ist. Dieser Brief wurde in der sog. Tegernseer Briefsammlung überliefert. – Mehr ist mit Gewissheit nicht über das Gedicht zu sagen, auch wenn es reichlich Fundstellen im Internet gibt, die die Vermutung, er könnte von einer Nonne geschrieben sein, als Tatsache hinstellen. Ebenso umstritten ist, ob es sich um reale Briefe oder um Musterbriefe handelt. Für die Literaturgeschichte sind solche Fragen zwar durchaus wichtig und, um ehrlich zu sein, ich finde diese Fragen auch durchaus spannend, doch für dieses Gedicht,

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Alle Tage (Ingeborg Bachmann)

Alle Tage (Ingeborg Bachmann) von Torsten Larbig steht unter einer Creative Commons Namensnennung-Nicht-kommerziell-Weitergabe unter gleichen Bedingungen 3.0 Deutschland Lizenz. Ingeborg Bachmanns Gedicht »Alle Tage« hat das Zeug zum Klassiker. Sprachlich und formal einfach gebaut, inhaltlich dafür um so gehaltvoller, lesbar und immer wieder neu verstehbar in den unterschiedlichsten Zeiten. Machen wir das Übliche also kurz: 1953 erschien das Gedicht in Bachmanns Gedichtband »Gestundete« Zeit, der sie als Autorin bekannt machte. Der zweite Weltkrieg war gerade vorbei, der Kalte Krieg in vollem Gange. Es lag also nahe, über die Alltäglichkeit des Krieges auch in der Poesie nachzudenken. Wenn nun also jemand kommt und

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