Kategorie: lesen

Das Gedicht / das Stilmittel der Woche, das Fremdwort des Tages. Über Routinen im Deutschunterricht.

Nachdem ich dem „Fremdwort des Tages“ im Deutschunterricht einer Kollegin begegnet war, wollte ich das direkt übernehmen. Immer am Anfang einer Deutschstunde nicht nur ein neues Wort kennenlernen, sondern auch etwas über dessen Geschichte, dessen Herkunft (Etymologie) zu vermitteln, schien mir ein guter Ansatz, um bewusste Sprachreflexion zu einem festen Bestandteil des Unterrichts zu machen. Spätestens in der Sekundarstufe II (Klassen 11–13 G9 / Klassen 10–12 G8) fiel mir auf, dass Schüler:innen Mittel zur stilistischen Gestaltung von Texten zu zwei Zeitpunkten des Unterrichts auswendig zu lernen versuchten: zum einen im Kontext der Analyse politischer Reden, zum anderen im Umfeld der

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Beim Lesen des Gedichtbands »ich föhne mir meine wimpern« von Sirka Elspaß

Ich kaufte den Gedichtband »ich föhne mir meine wimpern« von Sirka Elspaß nach einer Lesung bei den Lyriktagen Frankfurt 2023.  Mir hatte gefallen, dass die Gedichte mich schon beim ersten Hören in sich herein / hinein kommen ließen. Was ich da aber sah (vielleicht besser: wahrnahm), brachte mich zugleich auch auf Distanz, ohne dass ich das Gefühl hatte, die Zugänglichkeit dieser Texte für mich könnte eine Täuschung meiner Wahrnehmung gewesen sein.  Sie (die Wahrnehmung natürlich) fühlte sich wohl beim Betreten der Texte, die keine Wohlfühltexte sind. Also muss ich das anders sagen. Sie (die Wahrnehmung – immer noch) fand in

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ChatGPT und die Bildung. (»Gastbeitrag« von ChatGPT und dessen Reflexion, inkl. Verweise auf LdL und TZI.)

Ich habe ChatGPT gebeten, einen Gastbeitrag für meinen Blog zu schreiben, in dem es darum geht, dass die Bedeutung von ChatGPT für die Bildung überschätzt wird. Ich finde das Ergebnis interessant, auch wenn es albern wäre, hier von der Selbstreflexion eines statistisch operierenden maschinellen Werkzeugs zu sprechen. Ich habe mir erlaubt, den Beitrag zu kommentieren. Meine Kommentare sind im Text in kursiver Schrift zu finden. Alles Nicht-Kursive ist 1:1 ChatGPTs Antwort. Als ChatGPT, ein Sprachmodell, das von OpenAI entwickelt wurde, bin ich ein mächtiges Werkzeug für viele Anwendungen, einschließlich der Bildung. Allerdings bin ich der Meinung [dass ein Sprachmodell meint,

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Kurzer Versuch über den Essay

Der Essay als „Versuch“, wie die wörtliche Übersetzung des französischen „essaier“ lauten kann, stellt vor allem vor die Herausforderung, das eigene Nachdenken und jenes, mit dem man sich z. B. durch Lektüre befasst hat, zu bündeln und in eine Textform zu bringen. Der Essayist schaut sich quasi selbst beim Erwägen und Verknüpfen[^1] zu; er oder sie webt einen Text, schafft eine Textur aus Buchstaben, in die das Werden der Erkenntnis eingewoben ist. Dabei kann der Ausgangspunkt durchaus einer sein, der mit dem unmittelbaren Gegenstand des Denkens auf den ersten Blick nichts zu tun hat. So kann ich fragen, wie wir

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Weltlos mäandernde Gespräche. Über Sigrid Nunez’ »Der Freund« und Sally Rooneys »Gespräche mit Freunden«

Zwei Bücher, die in der SWR Bücherbestenliste auftauchten und deshalb von mir gekauft und gelesen wurden: Sally Rooneys »Gespräche mit Freunden« und nun Sigrid Nunez‘ »Der Freund«. Diese beiden Bücher wurden von mir beim Lesen des Romans von Nunez in den vergangenen Tagen mehr und mehr miteinander verknüpft, so wenig sie auf den ersten Blick inhaltlich miteinander zu tun haben. Es war eher der Sound dieser Bücher, der diese Verbindung verursacht hat, das Gefühl, das ich am Ende der Lektüre hatte: Ja, das sind gute Romane, solide geschrieben, sie greifen Lebensgefühle von Menschen auf – bei Rooney sogar – wie

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Praxis: Digital unterstützt lesen

Vorbemerkung Artikel wie dieser bieten Einblicke in meine Arbeitspraxis, meist bezogen auf digitales Arbeiten. Dabei kommen Apps ins Bild, mein Tablet und so weiter. Diese kommen nicht als Product-Plaecement ins Bild, sind also keine bezahlten Platzierungen. Grundsätzlich gilt für mein Blog, dass es frei von bezahlten Inhalten zu Werbezwecken ist. Wenn ich also Produktnamen nenne, dann, weil ich diese (auf eigene Kosten erworben) nutze und nicht, weil ich deren Nutzung anderen nahelegen will. Kommen wir zu den Inhalten… Digital unterstütztes Lesen Ich mag es, ohne Zettelwirtschaft zu arbeiten und zu genießen. So lese ich mittlerweile meist so: Zwei Drittel meines

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Hans Joachim Schädlich: Felix und Felka. Das Schicksal der Unmächtigen angesichts des Terrors der Mächtigen

Felix Nussbaum wurde am 11. Dezember 1904 in Osnabrück geboren und 1944 im Konzentrationslager Auschwitz ermordet. Als Maler wird er der Neuen Sachlichkeit zugeordnet. 1932 ging ein Großteil seines Werkes durch Brandstiftung verloren. Felka Platek wurde am 3. Januar 1899 in Warschau geboren und 1944 im Konzentrationslager Auschwitz ermordet. 1932 geht ein Großteil ihres Werkes durch Brandstiftung verloren. 1924 lernten Felix und Felka einander in Berlin kennen, sie heirateten 1937 in Brüssel, wo sie sich bis zum 21.07.1944 versteckt halten konnten. Nach ihrer Entdeckung wurden sie von der Gestapo in das Sammellager Mechelen transportiert und dann nach Auschwitz deportiert. Hans

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Ich bin kein digitaler Dogmatiker. Leider. (Kann aber noch werden ;-) )

Ein nicht sehr dickes Buch, so ca. 240 Seiten, allerdings in gebundener Version, Textmarker und Notizbuch bringen 1238 Gramm auf die Waage. Ihr könnt mir das glauben, ich habe es gerade gewogen. Das Tablet mit Tastatur, Hülle und Stift kommt auf 865 Gramm, da sind die Bücher, mehr als hundert, bereits mitgewogen, außerdem beliebig viele Notizbücher, inklusive einer Handschriftenapp, Skizzenblöcke, Landkarten, ein Kompass, eine Kompaktkamera mit guter Bildqualität usw. Wenn ich Bücher umziehe, was zum Glück bislang mit meiner gegenwärtigen Bibliothek nur einmal vorgekommen ist, wird sehr schnell klar, welche Last all die Bücher sind; bei all der Lust, die

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Die Langeweile des Bungeesprungs – Simon Strauss: Sieben Nächte

Endzwanziger scheinen nunmehr seit mindestens 20 Jahren in der Dauerkrise einer Sinnsuche zu sein. 1995 führte die damit verbundene Suchbewegung in Christian Krachts »Faserland« immerhin noch zu Fisch-Gosch mit Champagner und Scampis auf Sylt, zu bunten Pillen, schwulen Burschenschaftern und schwarzen Models in Hamburg, Frankfurt und Heidelberg ((vgl, Georg Diez: Christian Kracht: Faserland. Frankfurter Allgemeine Zeitung. 17. März 2002)), während heutige Sinnkrisen explizit mit den Todsünden in Verbindung gebracht werden. Zumindest bei Simon Strauss, dessen Protagonist beim nächtlichen Versuch, Todsünden zu begehen, scheitert. Als ob die Säkularisierung, die mit dem Transzendenten nicht mehr rechnet, sogar die schlimmsten aller Sünden mit

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