Beim Lesen des Gedichtbands »ich föhne mir meine wimpern« von Sirka Elspaß

Ich kaufte den Gedichtband »ich föhne mir meine wimpern« von Sirka Elspaß nach einer Lesung bei den Lyriktagen Frankfurt 2023. 

Mir hatte gefallen, dass die Gedichte mich schon beim ersten Hören in sich herein / hinein kommen ließen. Was ich da aber sah (vielleicht besser: wahrnahm), brachte mich zugleich auch auf Distanz, ohne dass ich das Gefühl hatte, die Zugänglichkeit dieser Texte für mich könnte eine Täuschung meiner Wahrnehmung gewesen sein. 

Sie (die Wahrnehmung natürlich) fühlte sich wohl beim Betreten der Texte, die keine Wohlfühltexte sind. Also muss ich das anders sagen. Sie (die Wahrnehmung – immer noch) fand in den Texten Anknüpfungspunkte. Also, was ich sagen will: Sie (ja, genau) wollte in den Texten verweilen. Ich damit dann also auch.

Das beruht auf Gegenseitigkeit. 

Die Gedichte, das ist mir nun beim Lesen des ganze Bandes aufgefallen (ich habe die Gedichte ihr – immer noch die Wahrnehmung, die ich als meine bezeichne – laut vorgelesen), nehmen nicht nur mich als Leser auf, sondern wollen auch in mich hinein / herein – also in sie, diese Wahrnehmung.

Das war die Distanz, die ich beim ersten Hören während der Lesung von Sirka Elspaß gespürt hatte, nachdem diese Gedichte mir zunächst so zugänglich schienen. Sie forderten ihren Zugang zu mir oder besser zu ihr – der Wahrnehmung. Sie ließen mich rein, wollten dann aber auch in mich (sie), ins Wechselspiel, in die Resonanzräume des Lesers und in sie – die Wahrnehmung des Lesers; in mein Ich beim Lesen der Gedichte. (Es gibt nicht nur das lyrische Ich, es gibt auch das lesende Ich.)

»es gibt blumen die kommen einfach so / zwischen den steinen hervor« (S. 55) Nach dem Lesen blüh(t)en in mir – in ihr, Ihr wisst schon – solche Blumen. Und dann hörte ich noch stundenlang Songs des belgischen Sängers Stromae, schaute mir immer wieder das Video eines Interviews an, das als »für das hier reicht mein französisch« in »ich föhne meine Wimpern« eingegangen ist. Dieser Gedichtband ist – nach Veröffentlichungen in Magazinen und Anthologien – Sirka Elspaß Debüt. Herzlich Willkommen. 

Sirka Elspaß, ich föhne mir meine wimpern. Gedichte. Berlin (Suhrkamp) 2023 (2. Auflage).