Apps für Lehrer: Neue Rubrik auf herrlarbig.de. Erste App im Test: GoodReader

Vorbemerkung zu einer neuen Rubrik (Digitaler Workflow) auf herrlarbig.de

Computerprogramme (Apps) für Lehrer? Nein, ich bekomme kein Geld dafür, dass ich auf herrlarbig.de nun auch diese Frage in den Blick nehme. Ich werde hier auch in keine kritiklosen Jubelgesänge ausbrechen. Wenn ich ein Programm für meine Arbeit als Lehrer als hilfreich empfinde, dann sage ich das. Und wenn mir etwas von all dem Mist begegnet, der im Bereich von Programmen für mobile digitale Endgeräte heute so alles angeboten wird, dann werde ich das auch sagen!

Außerdem ist nicht geplant, mich hier auf ein bestimmtes Endgerät zu beschränken, wohl aber auf Programme, die ich aus der eigenen Praxis kenne. Damit ist der Schwerpunkt schon vorgegeben: Hier werden vor allem Programme in den Blick genommen, die es für Apple Macintosh Computer gibt. Da mein primäres mobiles Arbeitsgerät mittlerweile das iPad geworden ist, werden auch entsprechende Programme (Apps) in den Blick genommen. Und dort, wo ich Rechnern mit einem Microsoft-Betriebssystem begegne, auf dem Programme zu finden sind, die ich der näheren Betrachtung aus der Perspektive eines Lehrers für lohnend erachte, werde ich auch davor nicht zurück schrecken.

Ich denke hier aus der Perspektive der Arbeit als Lehrer. Die Frage, welche Programme möglicherweise für Schüler und Schülerinnen sinnvoll sein können, steht hier zunächst nicht im Vordergrund, wird aber sicherlich auch an der einen oder anderen Stelle eine Rolle spielen.

Warum habe ich mich gerade jetzt entschieden, eine solche Rubrik / Kategorie einzurichten? Im Augenblick habe ich zum ersten Mal den Eindruck, dass Hard- und Software einen Status erreicht haben, der mich erstmals wirklich daran glauben lässt, dass, immer unter der Voraussetzung, dass ich mich da auch völlig irren kann, digitale Technologien eine wichtige Rolle im Lehrerberuf (und an der Schule) spielen werden. Dadurch wird sich in den Arbeitsprozessen, nicht aber beim Bildungsauftrag, eine ganze Menge ändern. Welche Instrumente welche Änderungen mit sich bringen, wie sich diese auf meine Arbeitsprozesse auswirken, muss in den Blick genommen werden.

Ziel dieser Rubrik ist es, Diskussionen um diese Veränderungen anzustoßen, indem ich meine eigene Reflexionen zum Thema zur Diskussion Stelle.

Kriterien

Der Kriterienkatalog für meine Beschäftigung mit Applikationen, die für Lehrende hilfreich sind (oder auch nicht), besteht aus Fragen, die bei jedem Programm zu beantworten sein werden. Diese Fragen sollen meine Beschäftigung mit den Programmen so transparent wie nur möglich machen. Es soll immer klar sein, auf welche Fragen ich hier nach Antworten suche — und damit implizit natürlich auch, auf welche nicht.

Hier also mein Fragenkatalog, der ergänzt werden oder auch verändert werden kann, zunächst aber einmal die Basis meiner Beschäftigung mit Applikationen und gegebenenfalls auch Hardware darstellt.

  • Was kann die Applikation? Was kann die Applikation nicht?
  • Wie kann die Applikation in den Arbeitsprozess von Lehrern und Lehrerinnen integriert werden?
  • Welchen Mehrwert gegenüber dem analogen Arbeitsprozess von Lehrern und Lehrerinnen kann ich erkennen?
  • Hat die entsprechende analoge Form des Arbeitsprozess von Lehrern und Lehrerinnen Vorteile gegenüber der digitalen Form?
  • Welche Schwächen in Bezug auf die Integration in den Arbeitsprozess von Lehrern und Lehrerinnen sehe ich?
  • Was würde ich mir für die Weiterentwicklung einer Applikation wünschen?
  • Was gibt es sonst zu sagen?
  • Fazit?

Soweit die Vorrede und jetzt rein ins Vergnügen. Die Fragen sollen gleich getestet werden.

Gut lesen — GoodReader für das iPad

  • Was kann die Applikation? Was kann die Applikation nicht?

Auf den ersten Blick ist GoodReader eine Applikation zum Lesen und Verwalten von PDF-Dokumenten. Auf den zweiten Blick ist es eine Applikation zum Lesen und Verwalten von sehr vielen Dokumentenformaten, die ihre besonderen Qualitäten im Umgang mit PDF-Dokumente zeigt.

Die Applikation ermöglicht es, in PDFs Anmerkungen einzufügen, Text zu markieren, Freihandanstreichungen an Dokumenten vorzunehmen und diese im PDF zu speichern, sodass sie auch von potentiellen E-Mail-Empfängern gesehen werden können.

Es ist möglich, den Speicher des Programms über WiFi-Netzwerkfreigabe direkt vom Rechner aus zu verwalten: Anders als über iTunes-Sync können so ganze Ordnerstrukturen verwaltet werden. Außerdem können Box.net und Dropbox direkt integriert werden, aber auch WebDav- und FTP-Verbindungen sind möglich. Eine solche Konnektivität habe ich bislang nur selten bei iPad-Apps gesehen. Darüber hinaus können E-Mail-Account via IMAP integriert werden und es kann sogar eingestellt werden, dass nur E-Mails mit Amhängen berücksichtigt werden, was für eine solche Dokumentenverwaltung dann ja auch sinnvoll ist.

  • Wie kann die Applikation in den Arbeitsprozess von Lehrern und Lehrerinnen integriert werden?

Die Applikation unterstützt zum einen die Reduktion abzulegender und in Ordnungssysteme einzupflegender Papierdokumente, sorgt aber auch dafür, dass ich in wesentlich größerem Umfang Zugriff auf diese Unterlagen habe, da sie ohne zusätzliches Gewicht in der Schultasche immer dabei sein können.

Es kann auf diesem Wege ein großer Materialpool immer verfügbar gehalten werden. Für Vetretungsstunden sicherlicher ein besonders nettes Feature.

Es besteht die Möglichkeit, wenn Schülerinnen und Schüler z. B. Entwürfe für Referate und Präsentationen als PDF senden, diese direkt, ohne sie ausdrucken zu müssen, zu kommentieren und mit Anmerkungen per E-Mail wieder zurück zu senden.

  • Welchen Mehrwert gegenüber dem analogen Arbeitsprozess von Lehrern und Lehrerinnen kann ich erkennen?

Siehe oben.

Zusammengefasst: Die Masse an Material, die oft von Lehrenden zusammengetragen wird, kann in GoodReader einfach verwaltet werden. Anmerkungen sind bei bestimmten Dokumentenformaten möglich und zumindest das Lesen unterschiedlichster Formate wird unterstützt.

  • Hat die entsprechende analoge Form des Arbeitsprozess von Lehrern und Lehrerinnen Vorteile gegenüber der digitalen Form?

Angesichts der platzsparenden, das Gewicht der Lehrertasche nicht erhöhenden Verfügbarkeit von fast beliebig vielen Materialien, die zum Teil auch direkt in der App bearbeitet werden können, angesichts der Möglichkeit, auch komplexere Ordnerstrukturen zu basteln, sehe ich keinen Vorteil des analogen Pendants der Dokumentenverwaltung; zumindest dann wenn Datensicherung selbstverständlich ist und mit physikalisch getrennten Datenträgern erfolgt.

Ich selbst habe im Augenblick über 200 Dokumente auf diesem Wege ständig verfügbar. Man stelle sich vor, ich würde diese immer als Hardcopy mit mir herum schleppen: Das wäre alles andere als rückenfreundlich.

  • Welche Schwächen in Bezug auf die Integration in den Arbeitsprozess von Lehrern und Lehrerinnen sehe ich?

Eine der Hauptschwächen hat nichts mit der Applikation zu tun, die Hauptschwäche hat mit dem von mir respektiertem Copyright zu tun und damit, dass Schulbuchverlage bislang keine entsprechenden Angebote machen. Ich kann die Schulbücher nicht in der Applikation mit mir führen. Aber da es genug Material gibt, dass ich selbst erstellt habe, oder dass frei verfügbar ist, kann ich erst einmal damit leben, hoffe aber, dass die Schulbuchverlage in dieser Hinsicht etwas mutiger werden.

Eine weitere Schwäche liegt darin, dass ich nicht direkt aus dem Browser des iPads (Safari) PDF-Dokumente abspeichern kann. Diese Schwäche, die ich zu akzeptieren bereit war, als ich mich für das relativ geschlossene iPad-Konzept und gegen das offenere Netbookkonzept entschied, ist aber auch eine Stärke des GoodReaders, da auf einem relativ simplem Umweg hier PDFs direkt auf das iPad geladen werden können, sodass ich auch unterwegs recherchieren und meine Materialsammlung vergrößern kann.

GoodReader unterstützt darüber hinaus nur unverschlüsselge FTP-Verbindungen. Da ich einen sftp-Server nutze, stört mich das. Außerdem sollte Verschlüsselung sowieso viel mehr Standard sein, als das bis heute der Fall ist.

Darüber hinaus ist es mir bis jetzt nicht gelungen, Anstreichungen auch in Ausdrucken sichtbar zu machen. Auf dem Bildschirm unterschiedlicher Geräte ist das kein Problem. Diese Schwäche hat aber den Vorteil, dass ich von mir erarbeitete Arbeitsblätter mit meinen Anmerkungen versehen kann, ohne dass diese in den Schülerausdrucken sichtbar sind. (Nachtrag: In einem Update wurde dieser Bug mittlerweile beseitigt, Markierungen erscheinen nun auch in Ausdrucken)

  • Was würde ich mir für die Weiterentwicklung einer Applikation wünschen

Ich wünschte mir, dass nicht nur ein Passwortschutz für das Programm bzw. einzelne Dokumente möglich ist, sondern dass dieser Passwortschutz mit einer effektiven Verschlüsselung der Dateien verbunden wäre. SFTP-Anbindung halte ich für ein Feature, das normalerweise Standardeinstellung sein sollte.

Außerdem wäre es schön, wenn neben der Titelsuche eine Volltextsuche möglich wäre, die zumindest auch die Notizen zu einem Dokument einschlösse. Die Möglichkeit zur Verschlagwortung von Dokumenten (Tags) wäre hilfreich.

  • Was gibt es sonst zu sagen?

Das Programm ist für 1,59 Euro im iTunes-Store zu haben. Für die Funktionalität des Programms ist das fast schon als „billig“ zu bezeichnen.

Und zum Schluss: Ich habe mich hier nur auf einen Teil der Funktionen von GoodReader bezogen, die reichlich vorhanden sind, ohne das Programm schwer bedienbar zu machen und ohne dass das Programm überladen wirkt.

  • Fazit?

GoodReader ist für mich, der ich viele Dokumente verwalte und auch dabei haben will, ein »Must-Have« auf dem iPad. Vor allem die Möglichkeit PDFs umfassend mit Anstreichungen, Anmerkungen und Lesezeichen zu versehen, ermöglicht es, die Dokumente im Unterricht direkt auf dem iPad zu nutzen. Außerdem erlaubt mir die Masse an potentiell verfügbaren Dokumenten die Planung von Unterricht auf einem handlichen Gerät, das ich, im Gegensatz zum eher schweren Laptop, immer dabei habe.

GoodReader ist für mich ein vorbildliches Programm, das heute schon einen Eindruck davon gibt, wie Dokumentverwaltung für Lehrer (und andere dokumentenlastige Berufe) in Zukunft aussehen kann.

Darüber hinaus hat das Programm Potential, auch für Schüler interessant zu sein. In diesem Zusammhang wäre es aber notwendig, dass Schulbuchverlage entsprechende Optionen und Lizenzen verfügbar machten — oder das Lehrende in OpenSource-Projekten entsprechende Schul»bücher« und Arbeitsmaterialien erstellen und zum Download bereithalten würden…