Vernetzung ist Arbeit – Über Blogs im Jahr 2013

Dieser Beitrag wurde von Johnny Häuslers Artikel „2013: Das Web
zurückerobern“
angeregt und versteht sich als meine
reflektierende Verarbeitung dieser Denkanregungen.

Es stimmt, dass geschlossene „soziale Plattformen“ eine ganze Menge an
Diskussionen an sich ziehen. Immer mehr an thematischen und auch
eher belanglosen Gesprächssträngen wird hinter
Registrierungsschranken verborgen. Teilweise sind die Inhalte zwar
frei zugänglich, aber um mitreden zu können, muss zunächst diese
Registrierungsschranke überwunden werden. Da mit den Daten, die mit
der Registrierung und der sich anschließenden Nutzung eines
Dienstes anfallen, kommerzielle Interessen verbunden sind, sind
„Bezahlschranken“ längst im Netz etabliert: Nutzer bezahlen mit
ihren Daten und Aktivitäten.

Alternativ gibt es kurze Nachrichten auf zum Beispiel
Twitter, aus denen sich immer wieder spannende Diskussionsstränge
entwickeln, die aber wenig dokumentiert und somit auch schnell
wieder verloren sind. – Und obwohl das alles stimmt, war meine erste
Reaktion auf Johnny Häuslers auf Spreeblick veröffentlichte Position
irritiert, folgert Johnny Häusler doch, dass man das eigene Blog,
die eigene Website wieder mehr ins Zentrum der Aktivitäten im Netz
stellen sollte.

Vielleicht war ich irritiert, weil ich keinen Facebook-Account habe, erst seit wenigen Wochen mit Google+ Erfahrungen sammle und seit Mitte 2008 dieses Blog führe.

Zugegeben: Die Diskussionsdichte hier ist nicht so kontinuierlich,
wie in anderen Blogs, aber ich bin mit ihr zufrieden.

Wahrscheinlich könnte ich mehr an Diskussionen führen und
Anregungen von Dritten bekommen, würde ich den einen oder anderen
Inhalt auf Facebook lagern und in entsprechende Gruppen einspeisen.
Damit gäbe ich aber die Offenheit meiner Inhalte auf, auf die eben
doch sehr viele über Suchmaschinen kommen, für die die Inhalte
verloren wären, lagerten sie auf Facebook.

Dennoch habe ich die Finger nach kurzem Test schnell wieder von Facebook genommen und habe das Blog weiter geführt. Deshalb freut mich natürlich die Einsicht Johnny Häuslers, die den Eigenwert von Blogs und Websites in der Hand des Betreibers betont. Deshalb überrascht mich die
Einsicht Johnny Häuslers, habe ich das Blog doch nie verlassen.

Seit längerem schon bin ich der Meinung, dass jeder Netzbürger eine
eigene Basisstation braucht, die, je nach den eigenen
Vorstellungen, für Freunde und Bekannte zugänglich oder aber
öffentlich ist. Von dieser Basis ausgehend kann man dann das Netz
knüpfen, andere Blogs verlinken, auf Blogs reagieren und Backlinks
benutzen, wie das dieser Beitrag hier tut, wenn ein Beitrag für die
Kommentarspalte möglicherweise zu lang wird und sich zu einem
eigenständigen Artikel hin entwickelt.

Und dennoch gibt es diesen Hang zur Zentralisierung von Inhalten, begegnete mir gerade im Jahr 2012 in Diskussionen um die Frage, wie Ressourcen im Netz verfügbar gemacht werden können, weniger Netz- als vielmehr Zentralisierungsvorstellungen. Der Wunsch nach einer
stromlinienförmig schnellen Nutzbarkeit aller Ressourcen ist
verständlich, da jeder meint glauben zu müssen, man habe
individuell und kollektiv keine Zeit, um Umwege zu gehen, die Fäden
des Netzes regelmäßig zu entwirren und den Weg des aktiven
Vernetzens als Eigenwert zu sehen und zu erleben.

In der Regel brauche ich keine Verzeichnisse zum Beispiel von
Unterrichtsmaterial, um zu finden, was mich bei meiner Arbeit
unterstützt oder mich intellektuell herausfordert und weiterbringt.
Dazu brauche ich viel mehr ein gutes Netz wacher und aktiver
Menschen, wobei dieses persönliche Netzwerk über das digitale selbstverständlich hinaus geht.

Damit sind keine Amigostrukturen gemeint, keine Netzwerke, die alleine auf Beziehungen beruhen, sondern Netzwerke, die wachsen, komplex werden können und nicht in sich abgeschlossen sind. Spreche ich von Netzwerken im Plural, dann meine ich das auch so. Es kann locker miteinander verbundene Netzwerkbündel geben, in denen ich mich bewege, in denen jeweils unterschiedliche Interessengebiete im Zentrum stehen. Eine solche Vernetzung ist harte Arbeit. Dafür aber hat sie den zentralen Mehrwert, dass „Freundschaften“ in solchen Strukturen aus mehr bestehen als nur einem Mausklick, der eine solche Verbindung herstellt.

So komfortabel Facebook, Twitter, Google+, Xing, Audioboo, Tumblr,
Instagram, Tadaa etc. das mit dem „Sich-Vernetzen“ auch gestaltet
haben: Vernetzung entsteht nicht durch einen Klick. Vernetzung ist
eine Aktivität. Man hat nie ein Netzwerk, das starr wäre, sondern
ist immer gefordert, zu vernetzen. Damit ist auch verbunden, dass
Knoten gelöst werden, ohne dass das gleich mit so einem
dramatischen Begriff wie „blockieren“ verbunden wäre.

Ich hoffe, Johnny Häuslers Aufruf zu Reaktivierung eigener Websites und Blogs wird gehört und befolgt. Und dann freue ich mich auf rege
Aktivitäten in den Netzwerken außerhalb geschlossener Plattformen
mit ihren Registrierungsschranken. Die Rolle dieser Plattformen in
einer (reaktivierten) aktiven Bloggerwelt, ist dann neu zu
bestimmen.

In diesem Sinne wünsche ich ein produktives und kreatives Jahr 2013.