Schmöker-Schnipsel
Zugegeben: Ich mag Bücher um mich haben.
Aus diesem Bedürfnis ist im Laufe der Zeit eine kleine Bibliothek geworden. Wie klein? Das kommt darauf an, aus welchem Blickwinkel ich es betrachte.
Sicherlich gibt es hier ein paar mehr Bücher als in vielen anderen Haushalten, doch ich war auch schon in Wohnungen mit Bibliotheken, die meine ca. fünfundfünfzig Regalmeter recht wenig wirken ließen. Hochgerechnet sind das zwischen 2500 und 3000 Bücher – gezählt oder gar katalogisiert habe ich sie bislang nicht.
Diese Zahl wirft zwei Fragen auf, sind solche bloßen Zahlen doch eher öde:
- Wie viele der Bücher wurden gelesen?
- Wozu braucht ein Mensch so viele Bücher?
Frage 1 ist so leicht nicht zu beantworten. Ab wann gilt ein Buch als gelesen? Lexika lesen nur ein paar wenige Menschen von vorne bis hinten; Gedichtsammlungen werden immer wieder zur Hand genommen, die wenigsten aber in einem Zug gelesen (in meinem Falle sind das die Gedichtbände von Emily Dickinson und Fernando Pessoa). Doch selbst mit dieser Unschärfe: 80% dürften gelesen sein.
Frage 2. ist eng mit Frage 1 verbunden, denn Bücher, die nur ein Mal gelesen werden, kann ich nun wirklich auch in der Bibliothek entleihen – da muss nicht so viel Platz gefüllt werden.
Weil über die Hälfte »meiner« Bücher literarische Werke sind, kommt an dieser Stelle eine Tätigkeit ins Spiel, die mir wichtig ist, für die ich Bücher um mich »haben« muss: das Schmökern – einfach ein Buch in die Hand nehmen, es irgendwo aufschlagen und ein paar Zeilen lesen oder nach angestrichenen Passagen suchen, diese überfliegen und Gedanken von diesen Textpartikeln anregen lassen.
Schmöker-Schnipsel sind kleine Texte, die bei dieser Tätigkeit entstehen. Schmöker-Schnipsel (via Suchmaschine fand ich bislang keinen Eintrag, der diese Wortkombination enthält) sind also weder Lesetagbuch noch Buchbesprechungen, sondern kleine Schnipsel Text, die in der Begegnung mit kleinen oder nicht ganz so kleinen Textstellen entstehen, während ich auf dem Sofa liegend oder auf dem Boden vor meinen Bücherregalen an die Wand gelehnt das eine und das andere Buch aus dem Regal nehme und einfach zu blättern beginne, mich vielleicht festlese… – und dann die eine oder andere Notiz anfertige, von denen ich wiederum die eine oder andere an dieser Stelle veröffentliche.