Die Rückkehr der Schiefertafel oder: Arbeiten mit dem iPad

Kaum größer als einst Schiefertafeln, ähnlich »dick« oder auch »dünn«, je nachdem, wie man es gerade betrachten will, liegt seit ein paar Tagen nun also das iPad vor mir. Es ist dabei, das kann ich schon jetzt sagen, mein Arbeiten zu verändern, wobei ich diese Veränderung bislang als eine Verdichtung und Intensivierung meiner Arbeit ansehe.

Diesen Blogartikel schreibe ich auf diesem Gerät, womit das Thema »Tastatur« rein praktisch schon bearbeitet ist, denn hätte ich nicht die Erfahrung gemacht, dass es mir faktisch möglich ist, die virtuelle Tastatur dieses Tablet-Computers in ähnlicher Souveränität zu bedienen wie eine Hardware-Tastatur, würde ich sie für solch lange Texte nicht nutzen.

Doch es ist gerade die Arbeit an Texten, die für mich eines der Haupteinsatzgebiete des iPads werden soll — und auch schon ist — sei es die schreibende oder sei die lesende Arbeit an Texten.

Hier geht es nicht um einen Testbericht, sondern um eine erste Praxisreflexion der Arbeit mit diesem Gerät. Und bereits als sein Erscheinen im Januar 2010 angekündigt wurde, erinnerte ich mich an meinen Eindruck des ersten Tablet-PCs, der einst von Microsoft vorgestellt wurde und den ich vor ein paar Jahren in Wien längere Zeit in Händen halten und testen konnte. Mit dieser Erinnerung ist für mich der erste große Unterschied in der Praxis feststellbar: Brauchte ich bei Microsofts Erstling eines solchen Computertyps noch eine ganze Weile, bis ich überhaupt verstanden hatte, wie das System funktionierte, habe auf dem iPad einfach angefangen zu schreiben und machte nach weniger als vierundzwanzig Stunden die verblüffende Entdeckung, dass ich hier nicht nur schnell, sondern sogar sehr zügig nahezu blind mit der Tastatur zu Schreiben in der Lage bin.

Fazit 1: Das Arbeiten mit dem iPad erscheint mir sehr intuitiv, ja fast kommt es mir so vor, als habe mein Arbeitsstil geradezu auf diesen Rechner gewartet, mit dem ich einfach los arbeiten kann, ohne mich groß in die Hard- oder Software hineindenken zu müssen, was mich aber natürlich dennoch nicht davon abhalten soll, auch die Frage zu stellen, wie dies alles funktioniert, aber nicht in diesem Beitrag.

Zunächst einmal ist das iPad für mich also ein Schreibgerät, die erste, wirklich portable Schreibmaschine, die ich je hatte. Anders als bei meinem Laptop beobachte ich, dass ich das iPad wirklich fast immer dabei habe, außer vielleicht, wenn ich einkaufen gehe. Aber ein Laptop, so schön er ist, wiegt dann doch über zwei Kilo und nimmt viel Platz in der Tasche weg, macht aber, wenn ich ihn über UMTS online bringe, schon nach relativ kurzer Anlaufzeit schlapp, sodass es nicht wirklich ein Vergnügen ist, mit ihm vernetzt zu arbeiten.

Doch genau darum geht es mir: Konzentriert arbeiten können und dennoch die Ressourcen verfügbar zu haben, die ich in vernetzten Strukturen gerne nutze. Außerdem habe ich mehr und mehr Zugriff auf aktuell von mir verwendete Materialien, die ich in dieser Fülle in einer Tasche gar nicht mit mir herum tragen könnte.

Fazit 2: Das iPad kommt meiner Vorstellung des mobilen Arbeitens sehr entgegen.

Mit mobilem Arbeiten meine ich nun nicht einmal, dass ich ständig im Kaffee arbeiten wollte oder es gar tue. Lehrer haben aber nun einmal mindestens zwei Arbeitsplätze, hat eine Schule auch noch verschiedene Standorte, dann sind es oft sogar noch mehr. Und dann gibt es noch die Stunden zwischen den Unterrichtsstunden, in denen dann ideal vor Ort gearbeitet werden kann, wenn die entsprechenden Werkzeuge verfügbar sind.

Immer einen Duden dabei, einige Dutzend Bücher ständig als Lesestoff und Arbeitsmaterial auf dem Rechner und auch noch das Schreibgerät, mit dem ich gleich gedruckte Versionen meiner Arbeitsergebnisse anfertigen kann, wenn ich die Dateien per E-Mail an mich schicke und dann ausdrucke, was aber nicht in jedem Fall nötig ist.

Aber zunächst ist das iPad nicht als Dienstgerät gedacht, auch wenn es in diesem Rahmen absehbar eine wahrscheinlich wichtige Rolle spielen wird, vor allem wenn es um Unterrichtsentwürfe geht. Beruf und private Interessen laufen bei mir allerdings sowieso ineinander über, was ich als eigentlich die ideale berufliche Situation betrachte, so dass auch das mehr oder weniger private Arbeiten mit diesem Gerät neue Formen annimmt.

Ich lese nach wie vor sehr viele echte Bücher, auch wenn mich iBooks als digitales Lesegerät durchaus überzeugt, vor allem auch, weil Anstreichungen und Notizen möglich sind, aber auch beim analogen Lesen habe ich nun endlich meine eigenen Lesenotizen nicht nur umfassend dabei, sondern ich kann diese direkt tippen, weil das iPad neben einem Buch eigentlich immer in die Tasche passt und, anders als in vielen Fällen der Laptop, wirklich verfügbar ist.

Fazit 3: Vor allem die wirkliche Mobilität dieses Rechners ermöglicht ein anderes Arbeiten und, da handschriftliche Notizen von unterwegs direkt getippt werden können, auch eine straffere Organisation der Arbeit, fällt in vielen Fällen dann doch das Übertragen in den getippten Text weg und das Ausdrucken kann gleich beginnen, wenn ich zu Hause bin.

Notizen, Kalender, Lexika…, das alles ist zwar auch per iPhone verfügbar, aber ein Smartphone ist eben kein Arbeitsgerät für jemanden, der wirklich viel schreibt. Da ich aber auch im Bereich des kreativen Schreibens verortet bin, brauche ich genau diese Möglichkeit des Schreibens, möglichst überall. Das geht auch mit Notizbuch und Füller, eine Kombination, die ich nach wie vor sehr schätze und auch nutze, aber ich tippe nun einmal auch sehr gern. In dieser Hinsicht hat das Smartphone wenig zu bieten und all die Subnotebooks, die ich in Händen hielt, erschienen mir nicht nur oft sehr billig gemacht, sondern irgendwie auch unpraktisch für meinen Arbeitsstil.

Selbst am heimischen Schreibtisch greife ich in überraschend vielen Situationen zu dem von mir lange sehr kritisch beäugtem Tablet-Computer. Auch wenn er kein Ersatz für den PC sein will, man braucht einen solchen für die Verwaltung des Gerätes dann doch immer mal wieder, erlebe ich das iPad sehr oft als genau diesen Ersatz, der zudem noch absolut leise läuft, so dass keine Lüfter oder Festplattengeräusche noch ein wenig Lärmpegel verursachen.

Und doch wirkt das iPad auf mich zunächst wie eine Schiefertafel: Es ist einfach in seiner äußeren Erscheinung, aber, anders als eine Schiefertafel, im Innern hoch komplexe Technologie, was es von der Schiefertafel unterscheidet, es sei denn man sieht die molekulare Zusammensetzung der in einer Schiefertafel verarbeiteten Materialien als komplexe Struktur 😉

Lernen ist Arbeit. Entsprechend ist jedes Gerät, dass diese Arbeit unterstützt, ein Gerät, das für das Lernen geeignet ist, so der eigene Lernstil zum Gerät passt. Ist das iPad also ein Gerät, das für die Nutzung im Unterricht geeignet ist, auch für Schüler? Meine Antwort auf diese Frage fällt im Augenblick noch ambivalent aus. Vor allem spricht der hohe Preis gegen eine Standardnutzung durch Schüler und Schülerinnen. Es kann einfach nicht erwartet werden, dass so ein Gerät verfügbar ist, es sei denn, es muss nicht von den Eltern bezahlt werden.

Gegen den Einsatz in der Schule spricht auch die Bindung an einen Anbieter, so sehr dies faktisch in Richtung Microsoft an vielen Schulen auch der Fall ist. Aber diese Monokultur gefällt mir ja auch nicht. Wie sollte mir dann eine andere Monokultur gefallen können?

Gegen die Nutzung eines solches Gerätes als Standard im Unterricht spricht aber auch, dass er nur dann sinnvoll sein kann, wenn es gelingen würde, Schülerinnen und Schüler zu Arbeitsformen zu bringen, die in einem Computer eben nicht primär ein Unterhaltungs-, sondern ein Arbeitsmedium sehen können.

Und doch sehe ich im iPad für mich eine echte Bereicherung im Lern-Arbeits-Zusammenhang. Dies könnte so auch für einzelne Schüler und Schülerinnen gelten, die eher in die Nerd-Kategorie fallen, ist doch die Rede vom Digital Nativ meist nicht in Hinsicht auf die Mediennutzungskompetenz hin passend.

Ja, ich bin der Meinung, dass Tablet-PCs durchaus, anders als Notebooks, für Schule interessant sein können, meine aber auch, dass das analoge Lernen, das nach wie vor ganz einfach die Conditio humana in Sachen Lernen ist, dennoch im Vordergrund stehen muss, was natürlich auch möglich ist, wenn diese Gattung Computer das Schulbuch und das Schulheft ergänzen, auf lange Sicht vielleicht auch ablösen kann.

Wenn es Bildungsprozessen gelingt, den Computer stärker als Arbeitsinstrument im Bewusstsein aller an Bildungsprozessen beteiligten zu verankern, ihm neben dem Image des Unterhaltungsmediums das Image eines tollen Lernmediums zu geben, dann wird er im Unterricht mittelfristig die Rolle spielen können, die sinnvoll ist, so durch die Kosten solcher Geräte keine weiteren strukturellen Ungerechtigkeiten ins Bildungssystem selbst einfließen.

Ich selbst, um auf den Anfang dieses Beitrages zurück zu kommen, habe Computer noch nie zum Spielen benutzt. Meinen ersten Computer kaufte ich mir im Studium, weil ich ihn als Lern- und Arbeitsgerät brauchte. Das ist der Computer für mich immer geblieben. Doch schon seit längerem wünschte ich mir für den mich prägenden Arbeitsstil ein wirklich portables Arbeitsgerät, ein Gerät, das klein, leicht und doch mit allen für mich notwendigen Fähigkeiten ausgestattet ist. Für mich erfüllt zur Zeit das iPad diese praktischen Erwartungen. Es passt zu meinem Arbeitsstil und unterstützt ihn. Und ja, ich finde, dass Schiefertafeln eine tolle Sache sind, so dass ich froh bin, dass mir jetzt ein digitales Pendant der Schiefertafel bei meiner Arbeit zur Seite steht.