Faust 1 – Studierzimmer – Verse 1178–1529
Faust 1 – Studierzimmer – Verse 1178–1529 von Torsten Larbig steht unter einer Creative Commons Namensnennung-Nicht-kommerziell-Weitergabe unter gleichen Bedingungen 3.0 Deutschland Lizenz.
Wenn der Teufel Worte aus der Bibel hören muss, einem religiösen Gefühl in seiner unmittelbaren Umgebung begegnet, so ist es naheliegend, dass er nicht ruhig sein kann, „hin und wider“ rennt (V 1186), dass er „zu den heiligen Tönen, / Die jetzt meine [Fausts] ganze Seel‘ umfassen” (V 1202f.) knurrt, auch wenn dazu „der tierische Laut nicht passen“ (V 1204) will.
Und als Faust dann auch noch beginnt, den Anfang des Johannesevangeliums zu übersetzen (V1224–1237), beginnt der Pudel zu heulen, zu bellen und Faust kommt zu dem Schluss: „Solch einen störenden Gesellen / Mag ich nicht in der Nähe leiden.“ (V 1241f.) – Und doch treibt ihn die Neugier an. Die Spannung steigt, die Worte an den Pudel sind in kürzeren Versen als jene der religiösen Innigkeit. Und die Worte der Beschwörungsformel (V 1273–1321) Fausts angesichts des Pudels werden in noch kürzere Verse gefasst, die die Unruhe ausdrücken, die sich erst entspannt als der der Pudel sein Wesen zeigt. Hier steht dann auch der berühmte Vers „Das also war des Pudels Kern.“ (V 1322)
Faust entspannt sich sprachlich in alternierenden Versen. Und doch will er wissen, mit wem er es da zu tun hat, erinnert er sich doch an die alte Vorstellung, dass der Namen das Wesen beschreibt, dass das Wissen um den Namen Macht über das Benannte gibt. „Bei euch, ihr Herrn, kann man das Wesen / Gewöhnlich aus dem Namen lesen” (V 1330f.) Und Faust erfährt den Namen nicht, bekommt vielmehr ein „Rätselwort“ (V 1337), in dem sich Mephistopheles mit seiner nihilistischen, alles verneinenden Lebenseinstellung vorstellt. „Goethes Mephistopheles pervertiert alles: die Welt geht vom Dunkel aus und läuft auf das Nichts hin – ein Gegenbild zu dem, was der Prolog im Himmel zeigte.“ ((Erich Trunz (Hrsg.), Goethes Werke Band 3, Dramatische Dichtungen 1, München 1998, S. 533.))
Mephistopheles geht es um Zerstörung und er sagt dies offen. Gleichzeitig aber bekommt die Szene fast etwas komödienhaftes, als Mephistopheles das Zimmer Fausts nicht verlassen kann. „Der Teufel kann nicht aus dem Haus“ (V 1408), weil ihn ein Pentagramm davon abhält. Zwar ist es nicht ganz geschlossen gezeichnet, aber den Weg nach draußen versperrt es. Faust fragt (fast schon schelmisch?): „Doch warum gehst du nicht durchs Fenster?“ (V 1409) worauf ihm Mephistopheles die strengen Gesetze nennt, denen er offensichtlich unterworfen ist, obwohl er doch „stets verneint“ (V 1338):
„’s ist ein Gesetz der Teufel und Gespenster: / Wi sie hereingeschlüpft, da müssen sie hinaus. / Das erste steht uns frei, beim zweiten sind wir Knechte.“ (V 1410–1412)
Als Faust dies hört, bietet er Mephistopheles einen Pakt an (V 1415), worauf dieser erst einmal ein wenig Abstand suchen will, was Faust gar nicht gefällt: „Den Teufel halte, wer ihn hält! Er wird ihn so bald zum zweiten Male fangen.” (V 1429) Mephistopheles fügt sich scheinbar, zeigt aber dennoch seine Kraft, indem er Geister singen lässt (V 1447–1505), die in Kurzversen, fast durchgehend gereimt spreche, wobei das Klangliche und Sinnenhafte (( Vgl. ((Erich Trunz (Hrsg.), Goethes Werke Band 3, Dramatische Dichtungen 1, Münnchen 1998, S. 535.)) vorherrscht. Es wird vor allem der Sehsinn angesprochen, hin und her pendelnde, kurze zweihebige Verse, fast wie ein Pendel bei einer Hypnose – einlullend und einschläfernd.
Doch dieses „Konzert“ (V 1508), ein weiterer Hinweis auf Mephistopheles begrenzte Macht, konnte Mephistopheles zwar herbeirufen, aber seine Wirkung nicht selbstständig erzeugen. Und nun braucht er auch noch eine Ratte, die das Holz, auf dass das Pentagramm gemalt ist, so anknabbert, dass es sich öffnet und Mephistopheles entfliehen kann. – Aber er kommt wieder, von sich aus, in einer anderen Verkleidung. Schon in der folgenden Szene, die wiederum im Studierzimmer spielt, klopft er an, ist bereit den Pakt mit Faust einzugehen, aber dies ist, wie schon gesagt, die nächste Szene.
Verwendete Literatur:
Erich Trunz (Hrsg.), Goethes Werke Band 3, Dramatische Dichtungen 1, München 1998.
I met Goethe and Faust in 1958, when I was 19 years old, and I was thrilled by „verveile doch – du bist so schõn“. It has followed me through life since then, allways wondering if there comes a moment when I would want everything in my life to „freeze“ in a moment of happiness an fulfilment. I have actually experienced several moments of that kind, joy and satisfaction so deep and. overwhelming that I thought there would be nothing better. I have uttered „Verveile doch….“ and nothing happend, exept that life continued…. That is the point I think: You can produce a still photo, but life is dynamic, and I think it is impossible to leave the dynamics of life as long as you breathe….
Thank you for your comments. The »verweile doch“ is a little more complicated. Goethe writes: „Will I say to the moment: / Stay but a while! You are so beautiful! / Then you may beat me in fetters, Then I will gladly perish!“ (V 1699-1702) This is not a longing for standstill, but the insight that standstill means death. If I have understood you correctly, you have understood that. I am pleased that my thoughts about Faust have been allowed to stimulate your thoughts. Thanks for that.