Schlagwort: Erinnerung

Die Leiden des jungen Werther 2 – Am 4. Mai 1771

Werthers erster Brief ist von Goethe nicht zufällig im Mai verortet. Es ist der Wonnemonat, der Monat der Liebe, der Monat, in dem das Wetter und die Natur ihre schönen Seiten zeigen. Und es ist auch kein Zufall, dass der Briefroman im Dezember endet. Die Handlung erstreckt sich über eineinhalb Jahre bis zum 24. Dezember 1772. Werther ist glücklich. Er ist aufgebrochen, lässt die letzten Wochen noch einmal an sich vorbeiziehen und beginnt den Brief mit großer Erleichterung: „Wie froh bin ich, dass ich weg bin.“ ((Ich zitiere nach der Hamburger Ausgabe: Johann Wolfgang Goethe, Die Leiden des jungen Werther.

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Über Klassenfotos

Im Bruchteil von Sekunden entscheidet sich, welches Bild man für die nächsten Jahrzehnte abgibt. Das gilt für Schüler, das gilt für Lehrer. Vielleicht schaue ich als Klassenlehrer ja auch irgendwann vergilbt und deutlich einer anderen Zeit angehörend aus der Festschrift einer Schule, möglicherweise namenlos und mit einer Gruppe von Kindern oder Jugendlichen zusammen, die auch schon längst nicht mehr Kinder oder Jugendliche sind. Klassenfotos wirken auf mich manchmal so, als sei extra für sie die Fotografie erfunden worden. Zumindest gab es bereits Ende des 19. Jahrhunderts anscheinend eine aufkommende »Tradition«, der folgend seitdem Jahr für Jahr Klassen mit ihren Klassenlehrern

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Herrn Larbigs Bibliothek 14 – Jean-Claude Carrière, Umberto Eco: Die große Zukunft des Buches

Wer sich wagt, fast zwei Jahre nach seinem Erscheinen noch etwas zu einem Buch zu sagen, ist unzeitgemäß: Am liebsten sollen Kritiken bereits erschienen sein, Wochen bevor ein neuer Band in die Buchhandlungen kommt. Warum eigentlich, können Bücher doch über Jahrhunderte Bestand haben und zeigt sich zudem auch erst im Laufe der Zeit, welche Bücher „überleben“ und welche „vergessen“ werden. Carrière und Eco sinnieren unter anderem über diese Frage. Was, wenn man ein Buch erst drei Jahre nach seinem Erscheinen lese, fragen sie sich. Dann könne man zumindest dem Drang danach, Bücher sofort zu lesen, nur weil sie gerade erschienen sind

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Gedichtinterpretation: Joseph von Eichendorff, Das zerbrochene Ringlein (In einem kühlen Grunde)

Gedichtinterpretation: Joseph von Eichendorff, Das zerbrochene Ringlein (In einem kühlen Grunde) von Torsten Larbig steht unter einer Creative Commons Namensnennung-Nicht-kommerziell-Weitergabe unter gleichen Bedingungen 3.0 Deutschland Lizenz.Beruht auf einem Inhalt unter herrlarbig.de.Über diese Lizenz hinausgehende Erlaubnisse können Sie unter http://herrlarbig.de/kontakt erhalten. Joseph von Eichendorff (1788–1857) Das zerbrochene Ringlein In einem kühlen Grunde Da geht ein Mühlenrad, Mein‘ Liebste ist verschwunden, Die dort gewohnet hat. Sie hat mir Treu versprochen, Gab mir ein’n Ring dabei. Sie hat die Treu‘ gebrochen, Mein Ringlein sprang entzwei. Ich möcht‘ als Spielmann reisen Weit in die Welt hinaus, Und singen meine Weisen, Und gehn von Haus

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Mündlichkeit: Die vernachlässigte Seite der Sprachkompetenz?

Zwei Mal wurde mir gegenüber in den vergangenen Tagen offen das Problem angesprochen, dass es schwer fällt, gesprochenen Gedankengängen so zu folgen, wie dies bei geschriebenen der Fall ist. Zunächst kam ein Blogeintrag von Joachim Wedekind zu diesem Thema, in dem er seine Beobachtung festhält, dass es immer mehr A/V-Beiträge im Netz gebe (z. B. YouTube, Vimeo, Audioboo). Wedekind hat damit ein Problem: „Nach jahrelanger Praxis kann ich schriftliche Dokumente relativ schnell überfliegen, auf Relevanz für mich überprüfen, Argumentationsstränge nachvollziehen und bei Bedarf Passagen exzerpieren oder speichern. Bei den Audio- und Video-Beiträgen kann ich das nicht. Da bin ich gezwungen,

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Vergiss alles – oder: Vom literarischen Schreiben

Der hier veröffentlichte Text ist bereits im Jahr 2001 entstanden – und ist mir vor einiger Zeit bei einer Suchabfrage auf meinem Computer wieder begegnet. Schön, was sich alles über die Jahre erhält, wenn nur fleißig und regelmäßig Daten gesichert werden. Ich habe den Text leicht überarbeitet, aber in seinen Grundzügen unverändert gelassen. Auch wenn sich meine Einstellung gegenüber der Handschrift seit 2001 deutlich geändert hat: Nach wie vor gefallen mir die Gedanken, die hier in einen kurzen Prosatext Einzug gefunden haben. – Da ich gegenwärtig selbst auch in der Rolle des »Trainers« in Sachen »Kreatives Schreiben« unterwegs bin, habe

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Schmöker-Schnipsel: Vom Auswendiglernen

Irgendwo in Frankfurt hängen sie noch, jene Aufkleber, die zum letzten „Bildungsstreik“ in Frankfurt aufriefen. Dort steht: „Heute schon auswendig gelernt?“ Damit soll natürlich gesagt werden, dass Bildung, die in Auswendiglernen bestehe, keine gute Bildung sein könne. Und entsprechend müssten wir die gebildetsten Jugendlichen seit Menschengedenken auf ihren Lebensweg lassen. Und dann kommt Daniel Pennac und schreibt in „Schulkummer“ „Beim Auswendiglernen ersetze ich nichts, sondern füge allem etwas hinzu.“ Pennac singt ein Loblied des (richtigen) Auswendiglernens von Texten – und eben nicht nur oder vor allem Gedichten! Da stehen kurze Sentenzen von Woody Allen ebenso auf dem Programm, wie philosophische

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Das gedruckte Buch ist nicht am Ende

Und wieder einmal wird das Ende des gedruckten Buches angekündigt, dieses Mal in der Zeit vom 23.04.2009 von Jürgen Neffe: „Die Ära des gedruckten Buches geht zu Ende.“ via Kulturwandel: Die Ära des gedruckten Buches geht zu Ende | Kultur | Nachrichten auf ZEIT ONLINE. Anlass zu dieser Behauptung ist das Erscheinen von E-Book-Readern in Deutschland, die es möglich machen, Bücher in digitaler Form endlich einigermaßen lesbar zu bekommen und im Prinzip in der Lage sind, ganze Bibliotheken auf kleinstem Raum verfügbar zu halten. Es mag ja sein, dass sich das Buch nun, wie die Schallplatte von Vinyl zu MP3,

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Wie fossiles Harz: Das Wort des Jahres

Als »›verbale Leitfossilien‹ eines Jahres« bezeichnet die Gesellschaft für deutsche Sprache in Wiesbaden das von ihr seit 1972 ausgewählte »Wort des Jahres«. Ein Wort, das etwas von der Atmosphäre und den zentralen Themen eines Jahres in sich birgt, wie Bernstein, der ein Insekt umschlossen und konserviert hat. Wörter, die wie fossiles Harz das Lebensgefühl eines Jahres in sich tragen. – Mir gefällt dieses Bild, weil die Liste, der Wörter eines Jahres, die seit 1971, regelmäßig seit 1977, zwischen sechs und zehn Wörter pro Jahr versammelt, mir tatsächlich Bilder und Gefühle aus diesen Zeiten wieder lebendig und erinnerbar werden lässt.

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