Fußball als Ausdruck dessen, was Frankfurt ausmacht: Ankunft von Eintracht Frankfurt nach dem Pokalfinale
Zugegeben: Fußball und mich verbindet eher eine große Distanz, als dass ich ein Fan wäre.
Was ich aber heute in Frankfurt erlebt habe, hat mich tief beeindruckt.
Eher auf Verdacht bin ich, nachdem die Mannschaft in Frankfurt gelandet war, zur nur ein paar Minuten von meiner Wohnung entfernt gelegenen Kreuzung von Stresemann- und Kennedyallee gegangen. Wenn nicht alles trügen würde, müssten die Cabrios mit den Spielern und Offiziellen des Vereins hier vorbei kommen, um entweder zur Friedensbrücke hin abzubiegen oder weiter zur Untermainbrücke zu fahren und von dort dann Richtung Römer. So kam es dann auch.
An der Kreuzung hatte sich nur eine Vorhut an Fans und Anwohnern versammelt – natürlich bin ich auch (ehemaligen) Schüler*innen über den Weg gelaufen. Das sollte nur wenige hundert Meter weiter an der Untermainbrücke ein großer Pulk an Menschen werden.
Es gab keine Absperrungen. Der Fahrtweg in die Innenstadt wurde nicht offiziell bekannt gegeben, aus Sicherheitsgründen wohl, aber die Frankfurter kennen ihre Stadt, wissen, dass nicht alle Wege zum Römer führen. Und so gab es eine Nähe zwischen Spielern, Offiziellen und Fans, die sicher ein Schrecken für jeden Sicherheitsexperten war, die aber so verdammt wohltuend war. Ja, es ist weiter möglich, dass Fußballfans und deren Idole nah beieinander sein können.
Ganz ehrlich: Ich glaube, die Fans waren die besten Sicherheitsleute für ihre Mannschaft, denn hätten die Fans etwas Auffälliges beobachtet, sie hätten bestimmt reagiert.
Laut Polizei sollen am Römer, dem angrenzenden Paulsplatz und am Main 60000 Menschen gewesen sein. Wenn das stimmt, dann waren heute in Frankfurt vermutlich über 100000 Menschen auf der Straße, um die Sieger im DFB-Pokalfinale in Frankfurt zu begrüßen.
Und dieser Empfang hat mich, wider Erwarten, tatsächlich berührt. In ihm habe ich alle Gründe gesehen, warum ich so gerne in Frankfurt lebe: Menschen aus allen Schichten der Stadt waren da gemeinsam unterwegs, Menschen unterschiedlichster Herkunftsnationen feierten gemeinsam eine Mannschaft, die selbst aus Menschen unterschiedlichster Herkünfte besteht. Und es wird geduldig gewartet, es wir das Protokoll des Rathauses gebrochen, damit die Fans auf dem Römerberg nicht noch länger warten müssen, ein Sprecher der Ultras ist mit auf dem Balkon. Die Straßenbahnen werden derweil gelassen umgeleitet, die Autofahrer hupen aus Solidarität. Es verbreitet sich in der Stadt ein Gefühl von Freude und Zusammengehörigkeit.
Nun ist Frankfurt eh schon eine der weltoffensten und tolerantesten Städte in Deutschland, vielleicht sogar offener als Berlin und alle anderen Städte der Republik, aber was ich heute erlebt habe, hat alles, was ich bislang erlebt habe, übertroffen.
Wenn ich bislang skeptisch war, so bin ich heute ein wenig mehr davon überzeugt worden, dass Fußball in der Lage ist, Identität vielleicht zu stiften, aber doch zu unterstützen und ihr Ausdruck zu geben.
Ich kenne einige Großstädte in Deutschland. Frankfurt halte ich schon seit langem für eine der interessantesten, offensten, angesichts des nahen Umlands der kompakten fünftgrößten Stadt Deutschlands auch für eine der attraktivsten Städte dieses Landes, doch heute habe ich diese Stadt noch einmal von einer anderen Seite kennen gelernt.
Ich mag diese für mich neue Seite Frankfurts, die ich heute ein Stück weit hautnah erleben durfte.
Wer wissen will, wie ich dein Einzug der Eintracht erlebt habe: Dieser Link führt zu der Aufzeichung meiner Liveübertragung von der Ankunft der SGE in Frankfurt–Sachsenhausen auf Twitter.
Beitragsfoto: Pixabay CC0