Kurzer Versuch über den Essay

Der Essay als „Versuch“, wie die wörtliche Übersetzung des französischen „essaier“ lauten kann, stellt vor allem vor die Herausforderung, das eigene Nachdenken und jenes, mit dem man sich z. B. durch Lektüre befasst hat, zu bündeln und in eine Textform zu bringen. Der Essayist schaut sich quasi selbst beim Erwägen und Verknüpfen[^1] zu; er oder sie webt einen Text, schafft eine Textur aus Buchstaben, in die das Werden der Erkenntnis eingewoben ist. Dabei kann der Ausgangspunkt durchaus einer sein, der mit dem unmittelbaren Gegenstand des Denkens auf den ersten Blick nichts zu tun hat. So kann ich fragen, wie wir

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Weltlos mäandernde Gespräche. Über Sigrid Nunez’ »Der Freund« und Sally Rooneys »Gespräche mit Freunden«

Zwei Bücher, die in der SWR Bücherbestenliste auftauchten und deshalb von mir gekauft und gelesen wurden: Sally Rooneys »Gespräche mit Freunden« und nun Sigrid Nunez‘ »Der Freund«. Diese beiden Bücher wurden von mir beim Lesen des Romans von Nunez in den vergangenen Tagen mehr und mehr miteinander verknüpft, so wenig sie auf den ersten Blick inhaltlich miteinander zu tun haben. Es war eher der Sound dieser Bücher, der diese Verbindung verursacht hat, das Gefühl, das ich am Ende der Lektüre hatte: Ja, das sind gute Romane, solide geschrieben, sie greifen Lebensgefühle von Menschen auf – bei Rooney sogar – wie

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Schmöker-Schnipsel: Thomas Müntzer und die Bauernkriege – auf 64 Seiten

Éric Vuillard schreibt keine dicken historischen Schmöker, er erzählt in seinen kaum mal mehr als 150 Seiten umfassenden Werken mit passgenauen Sätzen Geschichte. Dieses Mal braucht er »nur« 64 Seiten, um in »Der Krieg der Armen« die Geschichte Thomas Müntzers und der Bauernkriege im Kontext bis zurück zu John Wyclif zu erzählen. Ein monumentales kleines Buch, dem man die marxistische Perspektive anmerkt, die Vuillard in seiner Darstellung Müntzers aufgreift. – Müntzer wird als glaubwürdige Person gezeigt, ohne dass einem die Herausforderung abgenommen wird, sich selbst zu fragen, ob man Müntzer deshalb auch schon für sympathisch hält. Das war er vermutlich

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Versuch über das Versagen von Bildungspolitik und Schule angesichts der Digitalisierung der Welt

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Versuch über die zentrale Rolle der Kolleg*innen an Schulen, die den Stundenplan erstellen und Vertretungsunterricht organisieren

Lehrer*innen wissen, wie wichtig die Arbeit der Kolleg*innen, die den Stundenplan erstellen und Vertretungsstunden organisieren, für die Arbeitszufriedenheit in den Lehrer-Kollegien ist. Wer also überlegt, so die Wahl da ist, ob er oder sie an einer Schule anfangen sollte, sollte ruhig einmal mit den Kolleg*innen sprechen, wie zufrieden sie mit den Stundenplänen sind. – Gerade in Zeiten, in denen viele Stundenpläne mit der Unterstützung von Computern erstellt werden, ist der hohe Anteil an »Handarbeit« bei guten Stundenplänen kaum zu unterschätzen.  Der Weg zum Stundenplan Bei uns beginnt die Arbeit am Stundenplan oft schon um die Osterferien herum. Dann bekommen wir

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Was Tweets und Postings auf Facebook mit Strukturen der Bildung zu tun haben. Ein Versuch.

Vorbemerkung: Diesen Essay bitte bis zum Ende lesen, weil sich dann manche Schnappatmung vielleicht in Wohlgefallen auflöst 😉 . In diesem Beitrag berichtete ich von der Versuchung Verhaltensweisen zu be-/verurteilen, die in einen Reflexionsprozess übergeht. Wenn ich meine Facebook-Timeline durchgehe, auf Twitter schaue, dann fällt mir auf, dass es dort kaum Inhalte gibt, die über kürzeste Einwürfe hinaus gehen und mehr als Meinung oder – was freilich auch Meinung ist – Kommentar sind. Es werden Bilder veröffentlicht, Artikel Dritter verlinkt, Befindlichkeiten geteilt… Und das ist alles gut und in diesem Rahmen hat dies seinen Platz. – Wo aber finden die

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Ideen zur Sprachförderung als kontinuierlicher Teil des Unterrichtens.

Im neuen Schuljahr führe ich als festen Bestandteil des Unterrichts das „Stilmittel der Woche“ ein. In der ersten gemeinsamen Deutschstunde einer Woche wird ein rhetorisches Mittel erarbeitet, das dann von den Schüler*innen in jener Woche eingeübt werden soll. Dies mache ich in zwei von mir unterrichteten Klassen 10 und in der E1 (Einführungsphase in die Oberstufe – Obersekunda). Ziel ist, dass Stilmittel erkannt und angewandt werden können. Sowohl die textanalytischen als auch die textproduzierenden Kompetenzen werden dadurch gestärkt, dass gezielt stilistisch an Texten gearbeitet und diese auch überarbeitet werden, wobei zudem immer die Wirkungsmöglichkeiten dieser Mittel reflektiert werden. – Möglicherweise

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Klang-Raum-Wunder (Happy Birthday, Bruder Paulus!)

Heute habe ich ein Klangwunder erlebt.  Was passiert ist: Bruder Paulus Terwitte ofm cap, den ich tatsächlich mehr als die Hälfte meines Lebens und fast die Hälfte seines Lebens kenne, feierte Geburtstag und es gab ein privates Konzert mit einer privaten Lesung (Schwerpunkt war die Lyrik von Nelly Sachs, die Bruder Paulus vermutlich noch mehr ans Herz gewachsen ist, als mir [und ich bin von Nelly Sachs schon seit meinen Studienjahren fasziniert]).  Da wurden Instrumente in der Liebfrauenkirche zu Frankfurt am Main zum Klingen gebracht, die ich nicht kannte. Zunächst hörte ich eine Wasserstichorgel. Dieses Instrument gibt es überhaupt erst

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Goldene Kamera für Greta Thunberg (Kommentar)

Respekt. Greta Thunberg wurde mit dem Sonderpreis Klimaschutz der Goldenen Kamera geehrt. Sie widmete den Preis den Menschen, die sich für den Erhalt des Hambacher Forstes einsetzen und hielt eine sehr deutliche, bewegende, keinen Zweifel an der Dringlichkeit des Themas aufkommen lassende Rede. Greta Thunberg sagt ruhig und bestimmt, was ist – und ist dabei, zu einer der wichtigen Personen unserer Zeit zu werden. Greta Thunberg hält die Reden, die Politiker*innen weltweit nicht nur halten, sondern nach denen sie handeln müssten; Greta Thunberg hält die Reden, die sich zu sagen trauen, dass die globale Klimakatastrophe eine Katastrophe ist, bei der nicht

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